DER ROMANCIER ALS BRIEFTRÄGER oder Dracula und Post-Vampirismus: dekodiert (1991)
Sehr geehrter Herr D. ...
Adressiert man heute „Dracula“, so gelangt man an Vlad Draculea, genannt Ţepeş, d.h. der Pfähler [vgl. Ralf-Peter Märtin, S. 91]. Vor hundert Jahren aber bestand noch die Möglichkeit, den Grafen persönlich zu kontaktieren. Kein Geschichtsschreiber speiste den Besucher mit einem Fürsten aus der Walachei ab, der durchaus auch Interessantes zu bieten hat, jedoch ein normaler Sterblicher ist, der überdies mit dem herrschenden Postsystem nicht aufs Beste klarzukommen schien. Die Geschichte nämlich will es, dass zwei von Vlad Draculea verfasste Briefe (einmal an den türkischen Sultan Mehmed II. und einen an Stefan, dem Fürsten von der Moldau) kompromittierenden Inhalts dem ungarischen König Matthias Corvinus in die Hände fallen just in dem Moment, wo Vlad den König um militärische Hilfe bittet. Ob die Briefe, die Vlad Ţepeş am 7. November 1462 in Rhotel verfasst hat, gefälscht waren, wie es die rumänische Geschichtsschreibung sagt, oder nicht, bleibt, wie so vieles, offen. Ein Ergebnis aber haben die so genannten Rhotel-Briefe doch, nämlich Folgen für Vlad Ţepeş, zunächst einmal zwölf Jahre Haft in Buda und Visegrad (1462-1475) und dann schließlich, nach einem Intermezzo in Politik und auf dem Schlachtfeld, das bis zur Jahreswende 1476/77 währt, die Erfahrung, den eigenen Kopf als Postsache, sorgfältigst zur Konservierung in Honig gebettet, dem türkischen Sultan zur Bestätigung des eigenen Todes übersandt zu sehen [ebda., S. 141 und S. 156].
Wenn der irische Schriftsteller 1897 seinen Roman über den blutsaugenden Grafen veröffentlichen wird, so ist antiproportional zu dem veränderten Adelstitel das Verhältnis des Titelhelden zur Post ein anderes. Im Gegensatz zu seinem historischen Vorfahr (der er in Wahrheit ja selber ist) vermag der Graf Dracula nämlich, zumindest im ersten Teil des Romans, durchaus geschickt mithilfe der Post zu operieren. Was überdies in diesem Zusammenhang Post mit Operation zu tun hat ..., man wird sehen.
„Treten Sie frei und aus eigenem Entschluss ein!“
[vgl. Bram Stoker, S. 30 und S. 31. Der Graf macht diese Aussage beim ersten Eintreten von Jonathan Harker in sein Schloss. Damit drückt er die Bedingung aus, die immer vor Kontakt mit dem Vampir besteht. Wie Van Helsing noch ausführen wird, muss der Vampir in eine Wohnung hereingebeten werden, bevor er sich frei bewegen kann. Indem Harker „frei und aus eigenem Entschluss“ eintritt, ist er dem Grafen ausgeliefert. Gleiches gilt dem Leser des Romans!]
Der Roman beginnt, und wie es die Authentizität will, von einer recht bekannten Poststation aus, von Bistritz (S. 10). Leider aber nicht mit einem Brief, sondern mit den Tagebuchaufzeichnungen von Jonathan Harker, Anwaltsgehilfe, unterwegs in Sachen Dracula im Auftrag seines Chefs, des Londoner Anwalts Mr. Hawkins. Immerhin aber fasst Harker die Möglichkeit in Betracht, dass sein Tagebuch einmal Brieffunktion übernimmt:
„Sollte dieses Buch jemals vor mir selbst bei meiner Mina eintreffen, so möge es ihr mein Lebewohl sagen.“ (S. 15)
Diese Mina Murray, ihres Zeichens Verlobte von Jonathan Harker und gleichzeitig Hilfslehrerin, spätere Hüterin der gesamten Software des Romans, ist aber anderer Meinung über Tagebücher, wie sie ihrer Freundin Lucy Westenra brieflich versichert. Ihr Tagebuch, das sie zu führen gedenkt, wird
„für andere Leute (...) nicht bestimmt“ (S. 87)
sein. Doch auch Hilfslehrerinnen können irren.
In seinem ersten Tagebucheintrag bemerkt Jonathan Harker gleich, dass die Wohnstätte seines Gastgebers offensichtlich durch die Raster schriftlicher Landschaftserfassung gefallen ist: Keine Karte und kein Buch gibt die genaue Lage des Schlosses an (S. 10).
Der erste Kontakt Harkers mit dem Grafen aber erfolgt dann, wie um die Gewandtheit Draculas im Umgang mit postalischen Standards vom Anfang her direkt zu demonstrieren und um zu zeigen, dass Siebenbürgen sich nicht völlig jenseits aller (Wälder) schriftlichen Codes befindet, über einen Brief. Darin jedoch erfährt man, dass sich das Schloss des Grafen außerhalb des gewöhnlichen Postkurses befindet, jenseits womöglich davon (S. 13). Denn in der brieflichen Anweisung steht geschrieben, dass die Postkutsche, die allmorgendlich um drei Uhr in die Bukowina abgeht und in der diesmal ein Platz für Harker reserviert sein wird, diesen nur bis zum Borgopass fahren wird, wo die Kutsche des Grafen den Briten erwarten und zum Schloss bringen wird. Auch der Gastwirt erhielt einen Brief von Dracula mit der Anweisung, den besten Postkutschenplatz zu reservieren. Einzelheiten werden jedoch verschwiegen.
Jonathan Harker schreibt sein Tagebuch in Kurzschrift und auch der Kutscher von Draculas Gefährt (der Herr und Diener in Personalunion ist) verwendet Kurz-Schrift-Zeichen, wenn Wölfe die Kutsche bedrohen, er vom Bock steigt und dort, wo kleine blaue Flämmchen Lichtsignale geben, Steine zu einem Muster zusammenlegt (S. 26).
Zu diesem frühen Zeitpunkt bereits wird offenbar, dass der Graf sowohl die gewöhnlichen Mittel der Kommunikation beherrscht und zu nutzen weiß als auch Arten der Nachrichtenübermittlung für sich in Anspruch nimmt, die dem gewöhnlichen Menschen seiner Zeit weder geläufig noch brauchbar sind. Wenn Harker die Postkutsche verlässt und sich auf Draculas Gebiet begibt, dann gerät er auch an eine Macht, die andere Möglichkeiten der Datenübermittlung kennt.
Schließlich aber treffen der Graf und der Anwaltsgehilfe (der in Wahrheit auch schon ein Anwalt ist, wie ihn vor seiner Abreise aus London die Nachricht ereilte (S. 29)) aufeinander und Harker überreicht Dracula den versiegelten Brief seines Vorgesetzten, womit der Grundstein zu Harkers Rolle als Daten-Pool verbrieft ist. Obwohl diese Tatsache allein schon durch Harkers Existenz, zumal an diesem Ort, in dieser Gesellschaft, wie vorgezeichnet scheint.
Zunächst aber zeigt sich der Graf nicht dröge und legt Harker Zettelchen aus, auf denen er nichts als seine Abwesenheit bestätigt (so geschehen am 6. Mai). So spendabel wird sich der Graf lange nicht mehr zeigen (genau genommen, überhaupt nicht mehr!). In der Bibliothek des Schlosses treffen beide wieder aufeinander, noch bevor Harker die Regale voll englischer Bücher, Zeitschriften und Zeitungen nutzen könnte (was bleibt, ist die erneute Bestätigung des mühelosen Umgangs Draculas mit (westeuropäischer) Schriftkultur), stattdessen aber wird der Graf bei seinem Gast bzw. dessen Kenntnissen aus dem Vollen schöpfen und für sich herausholen, was möglich ist (eines nach dem andern aber!). zwischendurch allerdings erzählt der Graf auch ein wenig von sich und der Vergangenheit seines Landes (die natürlich seine eigene ist!).
Nach vielen wunderlichen Begebenheiten, die sich zu einem großen Rätsel für Harker zusammenfügen (das vielleicht in die Frage münden könnte: Was kann man noch aus einem jungen Anwalt herausholen außer Informationen?), das zunächst jedoch Rätsel bleiben wird, greift Dracula in die postalische Autonomie Harkers ein, indem er ihm befiehlt, Briefe nach Hause zu schreiben über die Dauer seines Aufenthalts beim Grafen und über sein Befinden (zu ersterem noch einen Monat und zu letzterem „Bestens“, beide Punkte finden Harkers Zustimmung nicht, was er nicht publik macht!), über den Inhalt hinaus beliefert Dracula seinen Gast auch mit der erforderlichen Hardware, es gibt drei Briefbögen und -umschläge
„von feinstem ausländischen Papier“ (S. 55),
wobei die Zahl nichts über die Anzahl aussagt, Harker nämlich schreibt zwei Briefe, förmlich, im Sinne Draculas, an Mr. Hawkins und an Mina, die Verlobte. In Gedanken aber schreibt er vier Briefe, zusätzlich zu den offiziellen, noch einen ausführlichen an Mr. Hawkins und einen stenographierten an Mina Murray. Wie man es also dreht, der Graf liegt falsch mit seinen drei Umschlägen und Bögen!
Zunächst aber werden unverfängliche Briefe geschrieben, von den anderen kein Wort, noch nicht einmal zum Tagebuch. Von den förmlichen Briefen wird man später noch erfahren, zumindest von einem, dann nämlich, wenn Mina Murray am 9. mai ihrer Freundin Lucy Westenra schreibt, dass sie
„ein paar (...) Zeilen von Jonathan aus Transsilvanien erhalten“ (S. 87)
hat.
Bevor der Graf Harker noch ein zweites Mal um irreführendes Briefschreiben bitten wird, diesmal aber mit detaillierteren Angaben als vorher, träumt Harker sich zurück in frühere Zeiten, wo blonde Damen mit roten Ohren Liebesbriefe verfassten (S. 60f.). Leider aber hat der Minnesang längst abgedankt, die Gothic Novel, zum Ärger Harkers, offenbar noch nicht. So muss er sich in einem verfallenen Schloss mit einem langzahnigen, übel riechenden Grafen herumärgern, der ihm befiehlt, Briefe über verschiedene Stadien seines Abreisens an die Lieben daheim zu verfassen, obwohl sich der Radius seiner Fortbewegung nicht über die Außenmauer des Schlosses erstreckt (sondern genau bis zur Außenseite derselben und nicht weiter). Doch wer die Macht hat, hat auch das Monopol der Wahrheit (so es eines gibt), und deshalb wird Draculas Wunsch postalisch verbriefte Wahrheit.
Der Versuch Harkers, mithilfe anderer Nachrichtensysteme als dem einen, offiziellen, das ja über den Grafen läuft, die vorher gegebenen Botschaften zu relativieren, muss fehlschlagen, denn nur Vampire sind befugt, andere als den einen Postkurs für sich in Anspruch zu nehmen und den einen nach Belieben zu türken/“wallachen“. So werden die geheimen Briefe von Harker an Hawkins und an Mina, letzterer in Kurzschrift, von den Zigeunern an Dracula übergeben (S. 69). Der stenographiert wird, weil für Dracula unleserlich, von ihm augenblicklich vernichtet, der andere aber Harker ausgehändigt, damit er ihn neu versiegeln und absenden kann (diesmal natürlich über den richtigen Kanal).
Daran aber hat Harker kein Interesse, weil dieser Brief wichtige Informationen nicht mehr enthält.
Drei Tage später dann sind alle Übertragungsmaterialien verschwunden, Papier und Umschläge, selbst das letzte Papierschnitzelchen aus Harkers Tasche (S. 70f.), alle Möglichkeiten der Nachrichtenübermittlung, die eigentlich schon vorher unmöglich war, oder eine Hoffnung endgültig genommen. Wie Harker feststellen muss, ist auch seine Reisekleidung entwendet, somit also auch die Selbstverschickung behindert, kein Entrinnen, weder im Geist noch in corpore möglich. Doch obwohl es keinen Ausweg mehr gibt und, schlimmer noch, die
„verhängnisvolle (...) Reihe“
der eigenhändig geschriebenen, vordatierten Briefe,
„die alle Spuren (der) Existenz auf dieser Welt auslöschen soll“ (S. 75)
seinen Lauf nimmt, ist der Roman und sein momentaner Protagonist noch lange nicht am Ende (sondern im ersten Fünftel!).
Dead Letter Office
Ein Schnitt und anstatt im Harkerschen Tagebuchnetzwerk befinden wir uns im Getriebe der britischen Staatspost: Mina Murray schreibt ihrer besten Freundin Lucy Westenra (s.o.). Von misstrauisch machenden, informativen Zeilen in Kurzschrift ist nicht die Rede, also wohl auch nicht in dem Brief von Harker, den Mina erwähnt.
Tags darauf erhält sie die Antwort von Lucy, an einem Mittwoch (einziger nicht ordnungsgemäß datierter Brief, einziger genannter Wochentag!), die von Männern berichtet und dem Lesen des einen in Gesichtern anderer (außer dem der Briefschreiberin, die durch Spiegelselbstreflexionen immun ist). Dann am 24. Mai ein weiterer Brief Lucys an Mina, worin sich für einen Brief bedankt wird, der dem Leser nicht vorliegt. Es stellt sich die Frage nach dem Großen Ordner und Arrangeur von Brief- und anderem Schriftmaterial, die Frage nach dem Puppenspieler, der diesmal nicht die Fäden, aber den Reißwolf und die Schere in der Hand zu halten scheint und ganz nach Belieben Informationen verteilt oder wegfallen lässt. Womöglich ist man hier dem vielgerühmten „Geist der Erzählung“ auf der Spur, der jetzt aber nicht die Glocke schlägt, sondern Briefe sichtet.
Der nächste Abschnitt führt ein in eine neue Dimension der Datenübertragung, der phonographischen nämlich. Dr. Seward, Psychiater und Gesichterleser führt ein akustisches Tagebuch, seine Notizen sind Seufzer und Rufe, würde der disziplinierte Naturwissenschaftler nicht sachlich Fakten in die Wachswalze kratzen, sein Phonograph nämlich ist offen für jede Art von Geräusch [vgl. Friedrich A. Kittler, 1986, S. 44, 56 u.a.]. Briefe und Telegramme werden ausgetauscht zwischen den im zweiten Brief von Lucy Westenra durchnummerierten Männern.
Es folgen erneut Tagebuchgeschehnisse, vermerkt von Mina Murray in Whitby an der Nordseeküste. Minas Vorliebe besteht im Sitzen an einem Küstenfriedhof. Dort wird sie mit der Behauptung konfrontiert, dass Grabsteine die Funktion von Personalausweisen haben, die beim Jüngsten Gericht zu erkennungsdienstlichen Zwecken vorzulegen sind (wie bei jedem anderen Gericht auch). Aber nicht allein das, denn Grabsteine können auch falschen Inhalt deklarieren, so dass sich der Absender, der Familienangehörige also, wohl so manches Mal wunderte, wüsste er, was in dem Paket sich befindet (S. 104).
Am gleichen Tag beklagt sich Mina darüber, noch immer keine Nachricht von Jonathan erhalten zu haben und befürchtet deshalb das Schlimmste. Dabei hat die Vergangenheit (S. 54 und S. 67) gezeigt, dass die Gleichung Brief = wohlbehalten und in guter Verfassung nicht richtig ist. Mina Murray ist zu diesem Zeitpunkt aber noch so ahnungslos, vertrauend auf das Briefgeheimnis, das in direkter Linie auf Testamente verweist [vgl. Adolph Friedlaender, S. 758], was zu denken gibt (aber, wie gesagt, Mina Murray ist ahnungslos, auch über derlei Zusammenhänge!).
Wenig später, am 26. Juli, erhält Mina endlich Nachricht von Jonathan, über Mr. Hawkins, der ihr den Brief auf ihre briefliche Anfrage hin zusendet. Es ist der zweite der verhängnisvollen Triade, die Harker von Dracula aufgezwungen worden ist. Von dem ersten Brief der Kette ist keine Spur und keine Rede. Mina Murray aber fällt nicht herein auf die Tricks eines uralten Grafen, das Verbundsystem mit ihrem Verlobten ist scheint’s schon so eingespielt, dass sie Falschmeldungen als solche enttarnt. Also vermerkt sie:
„Dies ist nicht seine Art. Ich verstehe es nicht und es beunruhigt mich.“ (S. 112)
Dabei hatte sie sich von einer Nachricht eigentlich genau das Gegenteil, nämlich Ende der Unruhe erhofft. Tags darauf wieder die gleiche Klage,
„Noch immer keine Nachricht von Jonathan.“ (S. 113)
Und jetzt wünscht sie sich, er würde ihr nur eine einzige Zeile schreiben, sie wäre zufrieden. Obwohl genau das eigentlich nicht seine Art ist, wie sie am Vortag beunruhigt konstatierte. Wie man’s auch anfängt, Jonathan ... Mit anderen Worten: Nun ist Mina ein ungewöhnlicher (gefälschter) Brief lieber als gar keiner.
Tage später noch immer das Problem, ohne Nachricht von Harker zu sein und erneuter Zweifel an dem einen Brief,
„(...) obwohl es Jonathans Handschrift ist.“ (S. 113)
Weil am 6. August noch immer keine Nachricht eingetroffen ist, klebt Mina Murray am 8. einen Zeitungsausschnitt in ihr Tagebuch (denn Nachrichten müssen sein) über ein Schiff namens „Demeter“ mit genau dem Inhalt, jedoch nicht griechischer, sondern rumänischer bzw. siebenbürgischer Erde. Es folgt das traurige Schicksal des Kapitäns mit seiner Mannschaft, aufgezeichnet im Logbuch des Schiffes, übertragen in Mina Murrays Tagebuch, gedruckt im Roman. Am 4. August enden die Aufzeichnungen des Kapitäns und in der Nacht vom 10. zum 11. August beobachtet Mina, wie ihre somnambule Freundin Lucy von Dracula zwischen den Grabsteinen am Hals geküsst wird (S. 139). Die roten Punkte am Hals geben Zeugnis davon. Denn wie vormals dem Kaiser ist auch nur dem Grafen Dracula das Schreiben mit roter Tinte gestattet, und Fachmänner sind im Bilde (Professor Van Helsing auf S. 184). Ob Dracula damit Lucy seinen Stempel aufgedrückt, sie quasi entwertet hat oder ob er damit seine (Brief-)Marke auf die Weiße ihres Halses gedrückt hat, um so die weitere Fortbewegung im System der Untoten (bzw. in seinem Übertragungssystem) zu ermöglichen, bleibt Sache der Interpreten. Fest steht, dass er Lucys Datenübertragungssystem (d.h. Blutkreislauf) angezapft hat. All das weiß Mina Murray nicht (Sekretärinnen haben das zu speichern und zu vervielfältigen, was andere wissen), sie glaubt sogar, dass sie selber die roten Punkte an Lucys Hals verursacht hat (z.B. durch unvorsichtiges Hantieren mit einer Sicherheitsnadel). Doch auch sie wird noch eines Besseren belehrt werden. Was in Lucys Gedächtnis aus jener Nacht verbleibt, sind eben die zwei roten Punkte, allerdings erinnert sie damit die Augen des Vampirs (die überdies auch Mina aufgefallen sind) und nicht ihren eigenen Hals (S. 143). Dennoch, die Verbindung ist hergestellt, der Verursacher ist zugleich Inhaber zweier roter Punkte!
Dann endlich, am 19. August, erhält Mina Nachricht von Jonathan Harker, erneut über Mr. Hawkins. Eine Schwester Agathe aus Budapest schreibt am 12. August über Harkers Schwäche und die Mysterien seiner Krankheit, letztere allerdings im Postskriptum, ohne Wissen Harkers (S. 150f.). Auf die Nachrichtenübermittlung folgt die personelle, Mina fährt nach Budapest, um von dort aus Lucy einen Brief zu schreiben. Darin wird von Harkers Tagebuch erzählt, das Mina unter sein Kopfkissen legt, und dass später beide getraut werden, Harker mit dem Vampir (im Tagebuch) im Rücken (S. 159)! Der Segen des Grafen ist ihnen gewiss! So wird später auch Mina die Bluttaufe von Dracula auferlegt, fast alle kirchlichen Sakramente liegen somit in Händen des Grafen.
Daheim in England währenddessen schreiben sich die verschiedenen männlichen Protagonisten Briefe und Telegramme (31. August: Brief von Arthur Holmwood an Dr. Seward; 1. September: Telegramm von A. Holmwood an Dr. Seward; 2. September: Brief von Dr. Seward an A. Holmwood; 2. September: Brief von Dr. Van Helsing an Dr. Seward; 3. September: Brief von Dr. Seward an A. Holmwood; 4., 5. und 6. September: Telegramm von Dr. Seward an Van Helsing usw.). Festzustellen ist die Verwendungsart der verschiedenen Nachrichtenmedien, je nach Dringlichkeit wird Tagebuch, Brief oder Telegramm verwendet. Auf das Telefon wird nicht zurückgegriffen, im gesamten Roman wird es nur einmal in Anspruch genommen, genau dann, wenn Jonathan Harker die verschiedenen Lagerplätze der Särge Draculas ausfindig machen will. Zur Überprüfung der Angaben im Auftragsbuch der Speditions-Firma telefoniert die Hauptverwaltung mit der Zweigstelle in King’s Cross (S. 330). Offenbar scheint man sich über die Möglichkeiten des Fernsprechers noch nicht im Klaren zu sein, denn dann wäre wahrscheinlich öfter darauf zurückgegriffen worden. Andererseits sind telefonisch geführte Konversationen nach Beendigung des Gesprächs auch am Ende, nämlich weg, was für einen Roman, der auf einer Ansammlung schriftlichen Materials bzw. schriftlicher Dokumente beruht, Schwierigkeiten mit sich bringen könnte. Also, keine Telefonate (das eine zählt fast nicht) im Brief- und Telegrammroman!
Bluttransfusionen werden vorgenommen, um Lucy vor dem Einfluss Draculas zu retten (reihum jeder Männer gibt einmal sein Blut, also Dr. Seward, Professor Van Helsing, Arthur Holmwood, Quincy Morris).
Am 11. September dann wird die Post endgültig aktiv im Kampf gegen den Vampir, Dr. Van Helsing erhält ein Päckchen aus Harlem, NL, gefüllt mit frischen Knoblauchblüten, damit wird Lucys Zimmer und sie selbst gegen den Grafen präpariert (S. 194-196). Weil aber auf nichts weniger als auf die Post Verlass ist, erreicht ein dringendes Telegramm von Dr. Van Helsing den Dr. Seward 24 Stunden zu spät und das Verhängnis hat seinen Lauf genommen (S. 209). Und während Dr. Seward auf dem Weg zu Lucy vermerkt:
„Ich werde eine Walze mitnehmen, damit ich meine Eintragungen auf Lucys Phonographen vervollständigen kann.“ (S. 210),
hat Lucy ihre letzten Notizen
„(...) und ich habe kaum noch genug Kraft zum Schreiben.“ (210)
schon aufgeschrieben. Wenn Seward und Van Helsing vor dem Hause der Westenras zusammentreffen und Van Helsing erfährt, dass sein Telegramm verspätet angekommen ist, steht für ihn, genau wie für den Postboten das Angekommensein der Post mit dem Einwerfen in den Türschlitz klar ist, fest,
„Dann, fürchte ich, sind wir zu spät gekommen. Gottes Wille möge geschehen.“ (S. 215)
Im ganzen Chaos, das das verspätete Eintreffen der Doktoren ermöglicht hat, denkt Seward praktisch, nämlich an den Totenschein für Lucys Mutter, die Opfer der Nacht wurde mit ihrer vorher schon angeschlagenen Gesundheit (S. 221).
Zwischenzeitlich schreibt Mina noch an ihre (mit anderen Dingen beschäftigte) Busenfreundin, was von dieser jedoch nicht registriert wird, die Briefe bleiben ungeöffnet. Darin ist nicht gerade von erfreulichsten Dingen die Rede, einmal, am 17. September, ist das Thema Mr. Hawkins’ Testament. Nebenbei fragt Mina auch nach dem Befinden von Lucys Mutter, die in der gleichen Nacht stirbt, und wünscht Lucy:
„(...) möge es Dir gut gehen!“ (S. 228),
was nicht passiert. Der andere Brief, am 18. September geschrieben, erzählt vom Tode des netten alten Mannes (S. 231).
Am 20. September dann steht auch in Dr. Sewards Tagebuch der Tod, zweifach gleich, Arthurs (der von nun an Lord Godalming heißt) Vater und Lucy, die trotz der vereinten Säfte der sie liebenden Männer nicht davonkommt und den Wechsel vom Fräulein zum Vampir perfekt vollzieht (S. 237).
Damit Mina Harker nicht weiter Briefe an Verstorbene schreiben muss (die dann zwar ungeöffnet bleiben, deren Inhalt aber trotzdem bekannt wird), schickt Van Helsing ihr ein Telegramm, in dem er die Nachricht vom Tode der beiden Damen Westenra übermittelt (S. 253).
Am 25. September berichtet die „Westminster Gazette“ von kleinen Kindern, die einer fremden Frau folgen und später mit der Markierung zweier roter Punkte am Hals zurückkehren. Die Kette lässt sich zurückverfolgen (was Van Helsing auch tut): Von den roten Punkten zu Lucys Hals, von da weiter zu Graf Dracula.
Einen Tag vorher beschließt Mina Harker, Jonathans Reisetagebuch per Schreibmaschine abzuschreiben,
„so dass die Aufzeichnungen auch von anderen gelesen werden können.“ (S. 261)
Und prompt fühlt sich der Leser direkt von Frau Mina Harker angesprochen, endlich klärt sich auch das Rätsel, weshalb das Reisetagebuch in Druckschrift und nicht in Hand-Kurzschrift vorliegt, wie es ja geschrieben wurde. Danke, Mrs. Harker! Auch ihr eigenes Tagebuch wird mit der Schreibmaschine abgeschrieben (S. 264).
Jonathan Harker beginnt erneut mit seinem Tagebuch, das nicht nur seine Frau, sondern er selber eigentlich auch schon abgeschrieben hatte:
„(...) dass ich je wieder in dieses Tagebuch schreiben würde“ (S. 273).
Er muss Van Helsing gestehen:
„Aber sie haben mich wieder geheilt, (...) durch den Brief, den Sie Mina gestern abend schrieben.“ (S. 274)
Briefe können, neben vielem anderen und wenn sie wollen, nicht nur töten (z.B. wenn sie zu spät kommen), sondern auch Wunder vollbringen und Menschen heilen, die bereits am eigenen Verstand zweifeln.
Am 26. September geht Van Helsing mit Seward das erste Mal auf den Friedhof, um Lucy zu betrachten. Er muss die Grabinschriften in der Gruft lesen, um Lucys Sarg zu finden (S. 286). Offenbar ist er gegenüber Grabsteinen bzw. –inschriften nicht so misstrauisch wie jener Alte an der Küste in Whitby (s. S. 104). Der Sarg ist, wie man ahnt, leer. Am nächsten Tag sind die beiden wieder in der Gruft, Lucy ist zurück, sie liegt im Sarg. Vor dem nächsten Besuch des Friedhofs werden die übrigen Herren (bis auf Jonathan Harker und den Grafen) verständigt. Van Helsing fragt in die Runde:
„Sie waren doch zweifellos über meinen Brief erstaunt?“ (S. 297)
Aber erstaunt sind nicht nur die Herren, sondern auch der Leser. Sollte es möglich sein und ist ihm wieder ein Brief unterschlagen worden?
Einmal bekommt er ungeöffnete Briefe zu lesen, ein anderes Mal werden solche, auf die direkt verwiesen wird, einfach vergessen!
Es folgt das dritte Friedhofsintermezzo, diesmal sind die Herren vollzählig (wieder bis auf Jonathan Harker und den einen, den Titelhelden!). Zunächst verklebt Van Helsing alle Ritzen und Spalten der Gruft mit Hostienteig. Wenn Lucy kommt, entfernt Van Helsing ein kleines Stückchen des Teiges, so dass eine schmale Lücke entsteht,
„(...) in die man kaum eine Messerklinge hätte stecken können.“ (S. 309)
Lucy aber drückt sich mühelos durch den Schlitz ins Innere der Gruft. Die Frage drängt sich auf: Ist der Vampir Lucy vielleicht ein Brief, dass sie durch eine so kleine Spalte gleiten kann? Der Schlitz als Briefkastenschlitz zumindest erinnert daran. Zu überlegen wäre dann weiterhin, ob die Gruft als Postkasten fungiert, in den man verschiedene Sendungen einwirft oder ob es sich hier um ein Zuhause handelt, der Schlitz somit Türschlitz, also Heimatadresse ist? Die Vermutung erhärtet sich, dass letzteres das Zutreffende benennt, denn die einzige Sendung, die immer wieder dort ankommt, ist der Vampir Lucy selbst. Frankiert ist sie ja bereits (durch die roten Punkte am Hals), zustellen muss sie sich aber offenbar selbst.
Am Abend darauf wird es vollbracht, die Sendung Vampir im eigenen Paket (Sarg) festgenagelt. Dass ausgerechnet mit einem angespitzten Holzpflock Vampire therapiert werden können, hat die Zunft offenbar dem Urvater der Vampire, Dracula selbst zu verdanken. Weil es in seinem ersten Leben als Vald Draculea zu seinen größten Vergnügen gehörte (und nicht nur die) auf hölzerne Pfähle unterschiedlichster Längen aufzuspießen [vgl. Ralf-Peter Märtin, S. 100ff.] (deshalb der Beiname Ţepeş, der Pfähler), dreht die Medizin (mit angrenzender Parawissenschaft bzw. Aberglaube) den sprichwörtlichen Spieß um und bohrt in jedem Nachkomme Draculas, den sie antreffen kann, zwar nicht wie der Woiwode in die Eingeweide, aber ins Herz, was den Vampir zunächst schäumen macht und dann zu Staub zerfallen lässt, wenn er schon alt genug ist (Lucy offenbar noch nicht, S. 314f.). So treffen einen die eigenen Schandtaten doch schließlich immer selber, wenn auch erst in späteren Leben, womöglich sogar als Vampir (obwohl die Pfählung Dracula erspart bleiben wird, er zerfällt vorher zu Staub, was so manchen veranlasst zu glauben, dass der Graf noch immer sein Unwesen treibt [vgl. Friedrich A. Kittler 1982, S. 130f.]!). Nach der Pfählung erhält Van Helsing ein Telegramm von Mina Harker, die ihr Kommen ankündigt (S. 317). Ihr Mann folgt am Tag darauf, Mina macht sich daran,
„(...) und jedes kleinste Stückchen Beweismaterial, (...) chronologisch (zu) ordnen.“ (S. 327)
und auf ihrer Schreibmaschine abzuschreiben. Harker versucht währenddessen, den Spuren der Särge des Grafen zu folgen und wird so das einzige Telefonat des Romans provozieren (s.o.). Dabei macht er die Erfahrung einer neuen Art von Kommunikation, nämlich in direktem Zusammenhang mit Geldmünzen, er gibt den verschiedenen Lagerarbeitern Geld und sie ihm dafür im Tausch Informationen (z.B. S. 379, S. 381). Mina hat inzwischen von allen Unterlagen drei Durchschläge gemacht und so sorgfältig gearbeitet, dass Dr. Seward in sein Tagebuch schreibt/spricht:
„Alle Aufzeichnungen sind also bis zu dieser Stunde vollständig und geordnet.“ (S. 342)
Das stimmt leider so nicht, wie der aufmerksame Leser feststellen muss, Briefe und Tagebuchaufzeichnungen fehlen und werden nicht mehr auftauchen.
Am 30. September sitzen alle beisammen (bis auf das Andere, Abwesende, hier repräsentiert durch den Grafen) und Professor Van Helsing erzählt von Vampiren und der Übertragung des Wissens darüber:
„(...) so sind doch die Berichte und Schriften der Vergangenheit für alle vernünftigen Menschen Beweiskraft genug.“ (S. 343)
Und erneut:
„Das einzige, worauf wir uns stützen können, sind Überlieferung und Aberglaube.“ (S. 346)
Ergo, der Nachrichtenaustausch mit der Vergangenheit funktioniert (endlich einmal, denn für gewöhnlich gibt man auf Aberglaube und Überlieferung, und sei es schriftlich, nicht viel). Man erfährt, dass der Vampir nur auf Antrag bzw. Anfrage hin ein Haus betreten darf, ist er einmal geladen, so darf er nach Belieben kommen und gehen (S. 348).
(Nur wenn man der Post seine Adresse gibt, kann diese zu einem gelangen, ist dieses jedoch einmal geschehen, so wird es kein Zurück mehr geben, gnadenlos werden Nachrichten eingeworfen. Hängt man einmal am Netz des Postkurses, ist alles Klagen umsonst.)
Bevor sich die Mannen um Van Helsing in das Gebäude in Carfax begeben, um Kisten zu zählen, stattet er sie mit diversen Waffen zur Abwehr aus. Die wichtigste und gefährlichste aller Waffen befindet sich in einem Briefumschlag, es ist eine Hostie (S. 362), der „Leib Christi“ als Botschaft in einem Umschlag gegen Vampire! Vielleicht wird hier der missionarische Auftrag etwas zu eng gedeutet.
Jetzt, d.h. am 1. Oktober, träumt auch Mina von roten Augen (S. 375). Jonathan sucht die übrigen Särge. Um an die Adresse eines Informanten zu gelangen, muss Jonathan Harker Joseph Smollet einen SAE hinterlassen (also einen selbst adressierten, frankierten Briefumschlag), die Unterschicht verfügt offensichtlich nicht über das nötige Material zur Nachrichtenübermittlung (S. 379). Am 2. Oktober dann kehrt der eigene Brief zurück zu Jonathan Harker, jedoch mit einem schmutzigen Zettel als Inhalt, auf dem die gewünschte Adresse steht.
Nachdem ein Geisteskranker geopfert wird offenbart sich, was jeder bereits ahnte: Dracula hat auch Mina Harker angezapft und wird von den Herren in flagranti erwischt. Der Graf zwingt Mina, während der geliebte Ehemann friedlich im Bett neben ihr schlummert und nichts ahnt von den Hörnern auf seinem Kopf, von seiner Brust Blut zu trinken (S. 407). Der Briefumschlag (mit der Hostie) tritt in Aktion und verjagt den Grafen. Geschehen ist aber dennoch, dass nun „ihrer aller Herzensfrau“ [vgl. Friedrich A. Kittler 1982, S. 126] auch Draculas Herzensfrau, allerdings in einem wörtlicheren Sinne geworden ist.
Bevor Dracula flieht kann er noch alle Manuskripte sowie die Wachszylinder von Dr. Sewards Phonographentagebuch (getreu dem Motto: Macht kaputt, was Euch kaputtmacht!) verbrennen. Gott sei’s gelobt, für die Existenz des Romans hat Dr. Seward vorgesorgt und eine Abschrift von allem (der Roman als Loseblattsammlung) im Safe verschlossen (S. 412).
Die geküsste Mina wird wieder ins Vertrauen gezogen, was ihr vorher, ungeküsst, verwehrt war, und mit dem Protokollieren aller Gespräche beauftragt (S. 419f.).
Durch ein Missgeschick wird Mina erneut „gestempelt“, diesmal von Van Helsing mit seiner Wunderwaffe, der Hostie. Als er sie ihr auf die Stirn legt, brennt sie ein rundes rotes Mal auf die Stirn von Mina Harker (S. 427). Somit, quasi doppelt frankiert, wird Mina zur Warensendung mit Rückfahrkarte ins Reich der Untoten. Für sie besteht also noch Hoffnung (postalisch gesehen).
Die Männer gehen daran, die Kisten des Grafen zu entschärfen bzw. zu sterilisieren. In einem Haus am Piccadilly entdecken sie auch die Schreibutensilien des Grafen (somit ist dieses Haus als Hauptquartier enttarnt, der Graf unter postalischen Standards gestorben – wäre er nicht bereits tot!). Während die Herren auf Dracula warten, erscheint ein Eilbote mit einem Telegramm von Mina. Eilboten benutzen zur Erkennung bestimmte Codes, sie klopfen nämlich immer zweimal, also werden sie eingelassen ohne Sorge (S. 437).
Weil Dracula seine Felle in England respektive London schwimmen sieht, lässt er sich selber in seiner Lieblingskiste (weil letzte Kiste) schwimmen, und gen Heimat.
Dank Minas gutem Draht zu Dracula kann sie sich von Van Helsing anzapfen lassen (per Hypnose) und den Gefährten so die nötigen Informationen geben (S. 447-450). Dank Mina und der Lloyd’s Agentur schließlich, die alle Schiffe der Welt registriert hält, weiß man um den Weg des Grafen. Mithilfe der Geld-Information-Kommunikation, wie sie mit Angehörigen der niederen Stände angewendet wird, erfährt man allerletzte Details (S. 455f.).
Über Mina und ihre Integrität bzw. Verschwiegenheit gegenüber dem Grafen macht man sich wegen der „Bluttaufe des Vampirs“ (S. 462) anfangs noch Sorgen, weiht sie später aber doch wieder in alle Geheimnisse ein (die sie schließlich direkt betreffen).
Man macht sich auf die Reise, um den Grafen in Varna zu erwarten (er muss nämlich auf dem Schiff bleiben angeborener Wasserscheue von Fledermäusen). Lord Godalming gibt vorher in London den Auftrag, ihm täglich ein Telegramm mit Informationen bezüglich des Schiffes (bzw. den Standort) zu übersenden. So warten die Gesellen im Hotel „Odysseus“ (nomen est omen) in Varna und nehmen täglich ein Telegramm mit gleichlautendem Inhalt in Empfang, nämlich dass das Schiff noch nicht gemeldet sei (S. 477-482). Zusätzlich dazu, und das erinnert fast an eine moderne Großfahndung, wird noch ein zweites Hilfsmittel als Radar-Echolot eingesetzt, nämlich Mina Harker in Hypnose, die live vom Aufenthaltsort des Feindes berichten kann (unweigerlich denkt man an CNN).
Das Schiff und damit der Graf gelangen jedoch an einen anderen Hafen, nach Galatz (Dracula hat die Verbindung Mina Harker-Dracula in umgekehrter Richtung in Anspruch genommen und deshalb Auskunft über Minas Aufenthaltsort erhalten (S. 485)). Weil Mina Harker alle Zugpläne auswendig weiß, ist man schnell auf dem Weg dorthin, aber natürlich zu spät. Nach erneuter Informationsbeschaffung beim Fußvolk, was mittlerweile zur Routine verkommt, teilt man sich und macht sich auf den Weg hinter dem Grafen her, der sich einen Fluss entlang fahren lässt. Van Helsing, der mit Mina Harker per Kutsche direkt zum Schloss Dracula fährt, bemerkt Minas Veränderung:
„Auch in ihr kleines Tagebuch hat sie nichts mehr eingetragen, obwohl sie sonst alles getreulich niederschrieb. Ich hege die Befürchtung, dass mit ihr etwas nicht stimmt.“ (S. 518)
Doch nach dem großen Showdown ist Mina Harker geheilt, der rote Punkt auf der Stirn, der ihr vormals von rumänischen Gastwirten Extraportionen Knoblauch im Essen bescherte (S. 516), ist verschwunden.
Am Schluss bleibt Jonathan Harker die Erkenntnis,
„(...) dass sich in all der Masse von Material, aus dem sich dieser Bericht zusammensetzt, kaum ein einziges authentisches Dokument befindet.“ (S. 541)
Was bleibt ist also nichts, außer dem Roman.
... und verbleibe mit Grüßen Ihr Freund Dracula
Dass Graf Dracula mit Briefpost durchaus geschickt umzugehen weiß, daran besteht kein Zweifel. Bereits die dritte Seite des Romans gibt darüber Auskunft. Auch die illegalen Möglichkeiten, die der Briefverkehr mit sich bringt, sind dem Grafen mehr als geläufig. Befände man sich im 17. Jahrhundert, so könnte man den Grafen durchaus in den Stand eines Nachrichtenoffiziers erheben. Deren Aufgabe nämlich war es, Postlinien zu stören und wichtige Briefe abzufangen, und genau so ist in der Umgebung von Dracula kein geregelter Brief-/ Nachrichtenverkehr möglich. Diese Tatsache ist das Charakteristische an der Figur des Grafen, denn distinktives Merkmal von Vampiren ist das
„Aussaugen von Blut bei lebenden Warmblütern“ [vgl. Das Große Duden-Lexikon. Bd. 8, S. 319].
Und Blut, so weiß man,
„(...) heißt diejenige Flüssigkeit des menschlichen und tierischen Körpers, welche den stofflichen Verkehr der einzelnen Körperbestandteile mit der Außenwelt und untereinander vermittelt“ [vgl. Brockhaus Konversations-Lexikon. Bd. 3, S. 157].
Lebensaufgabe eines jeden Vampirs, und ganz besonders des romanesken Urvaters aller Vampire, ist also das Anzapfen fremder Übertragungssysteme. So fällt es Dracula nicht schwer, diese Tatsache, die ihm wörtlich in Fleisch und Blut übergegangen ist, auch auf unser aller Nachrichtenübermittlungssystem, die Post, anzuwenden.
Problematisch wird es für den hämophilen Adel (der trotz entsprechender Blässe nie zur Hämophilie neigen wird, aus Mangel eben an jenem Saft, wo nichts ist, da kann nichts fließen, und wenn der Magen noch so voll ist), der überdies auch mit den Wölfen heulen und kommunizieren kann (S. 41 und S. 81), erst dann, wenn der Nachrichtenverkehr so gebündelt und mit modernen Neuerungen gekoppelt wird, wie im vorliegenden Fall. Einundvierzig Briefe und siebenundzwanzig Telegramme werden aufgebracht, um den Grafen schließlich und endlich zur Strecke zu bringen. Dabei gehört die telegraphische Datenübermittlung offensichtlich nicht zu Draculas Repertoire, denn weder vermag er das Telegramm für sich auch nur einmal zu nutzen, noch scheint er von den Möglichkeiten der Telegraphie eine Ahnung zu haben, ansonsten hätte er vermutlich einen anderen Weg als den Seeweg zur Flucht aus London benutzt. So aber, dank Lloyd’s und den Segnungen der telegraphischen Übertragung sind die Gegner Draculas immer in der Lage, seinen gegenwärtigen Aufenthaltsort bei der Flucht durch die verschiedenen Meere bzw. seinen genauen Landehafen auszumachen. Damit hat er nicht gerechnet, und der Graf lernt langsam (wie Professor Van Helsing mehrfach erläutert, so auf S. 435).
Das Telephon wiederum scheint unseren Helden noch nicht sonderlich geläufig zu sein, denn sonst hätten sie sicherlich auch dieses Hilfsmittel zu nutzen gewusst bei der Mobilmachung gegen den Vampir.
Die genannte große Menge an Briefen und Telegrammen, die einerseits dem Grafen zum Verhängnis wird, sind andererseits (zusammen mit vier Zeitungsausschnitten, drei Zetteln und fünf Tagebüchern) laut Ralf-Peter Märtin [vgl. Ralf-Peter Märtin, S. 168] für den großen Erfolg des Romans verantwortlich.
Die Authentizität der Aufzeichnungen wird allerdings von Jonathan Harker selbst am Ende des Romans infrage gestellt, da
„Außer den letzten Notizen von Mina, Seward und mir sowie Van Helsings Aufzeichnungen (...) alles andere mit Schreibmaschine getippt“ (S. 541)
ist. Der Leser des Romans dagegen hat noch nicht einmal diese letzten handschriftlichen Aufzeichnungen vorliegen, sondern einzig ein von vorn bis hinten gedrucktes Buch. Aufgrund der gesteigerten Lesbarkeit (wie Mina Harker feststellte,
„so dass die Aufzeichnungen auch von anderen gelesen werden können.“ S. 261),
sowie, damit die Aufzeichnungen in das Massenmedium Roman übergehen und so die Datenübermittlung einem größeren Publikum zugänglich gemacht werden kann, ist eine Aufgabe von Authentizität durch Drucktechnik wohl unumgänglich. Dem Leser bleibt einzig die Illusion der Fiktion.
Postskriptum
Will man vorzeitliche Tyrannen mit Lust beim Anzapfen fremder Quellen bekämpfen, womöglich sogar ausschalten, so muss man vereint, mit allen (daten-) technischen Mitteln ausgerüstet, dabei vor allem auf modernste Entwicklungen bauend, zunächst die feindliche Nachrichtenübermittlung ausschalten, gleichzeitig damit den eigenen Datenaustausch immens steigern und schließlich den Gegner offensiv zurücktreiben in seinen Unterschlupf, wo man ihm endgültig den Garaus macht.
Und so haben die gebündelten Briefe und Tagebuchnotizen des Romans endlich den Empfänger gefunden, der ihnen die von der Sekretärin Mina Harker genommene Authentizität wieder zurückgibt. 46 Jahre hat die US Army gebraucht, bis die Taktik verstand, die ihnen mit den kostenlosen Exemplaren des Romans im Zweiten Weltkrieg mitgeteilt wurde [vgl. Friedrich A. Kittler 1982, S. 133]. Was 1890 mit Graf Dracula geklappt hat, funktioniert genau so im Jahre 1991, was nach Waffenstillstand einen der Soldaten auch sagen lässt:
„Wir hätten bis Bagdad durchmarschieren sollen“ [ Westdeutsche Allgemeine Zeitung vom 01.03.1991, S. 5 (Bericht und Hintergrund)]
denn Van Helsing ist doch schließlich ebenfalls bis ins Schloss des Grafen Dracula gegangen!
Jubel nach gewonnener Schlacht gebührt also nicht dem großen Strategen Norman Schwarzkopf, sondern zwangsläufig dem wahren Mastermind des gerade vergangenen Krieges, Professor Abraham Van Helsing.
Entscheidende Differenz außer der zeitlichen bleibt die Substitution des alles verursachenden Saftes. Schriebe Stoker seinen Roman heute, vielleicht würden des Grafen Augen schwarz schimmern.
LITERATUR
- Brockhaus Konversationslexikon. 14. Auflage. Leipzig, Berlin und Wien: Brockhaus 1892
- Das Große Duden-Lexikon. 2. Auflage. Mannheim, Wien und Zürich: Bibliographisches Institut 1969
- Adolph Friedlaender. Die Verletzung des Briefgeheimnisses. In: Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft. 16. Band. Berlin: Guttentag 1896
- Friedrich A. Kittler: Draculas Vermächtnis. In: ZETA 02 Mit Lacan. Hrsg. Dieter Hombach. Berlin: 1982, S. 103-136
- Friedrich A. Kittler: Grammophon-Film-Typewriter. Berlin: Brinkmann&Bose 1986
- Ralf-Peter Märtin: Dracula. Das Leben des Fürsten Vlad Tepes. Frankfurt am Main: Fischer 1991
- Bram Stoker: Dracula. Frankfurt am Main: Insel 1988. Text folgt der Ausgabe in der Übersetzung von Karl Bruno Leder. Genf und Hamburg: Kossodo 1968
- Westdeutsche Allgemeine – Westfälische Allgemeine Zeitung. Hrsg. Erich Brost und Jakob Funke. Nr. 51. Essen: Westfalen 1991
Adressiert man heute „Dracula“, so gelangt man an Vlad Draculea, genannt Ţepeş, d.h. der Pfähler [vgl. Ralf-Peter Märtin, S. 91]. Vor hundert Jahren aber bestand noch die Möglichkeit, den Grafen persönlich zu kontaktieren. Kein Geschichtsschreiber speiste den Besucher mit einem Fürsten aus der Walachei ab, der durchaus auch Interessantes zu bieten hat, jedoch ein normaler Sterblicher ist, der überdies mit dem herrschenden Postsystem nicht aufs Beste klarzukommen schien. Die Geschichte nämlich will es, dass zwei von Vlad Draculea verfasste Briefe (einmal an den türkischen Sultan Mehmed II. und einen an Stefan, dem Fürsten von der Moldau) kompromittierenden Inhalts dem ungarischen König Matthias Corvinus in die Hände fallen just in dem Moment, wo Vlad den König um militärische Hilfe bittet. Ob die Briefe, die Vlad Ţepeş am 7. November 1462 in Rhotel verfasst hat, gefälscht waren, wie es die rumänische Geschichtsschreibung sagt, oder nicht, bleibt, wie so vieles, offen. Ein Ergebnis aber haben die so genannten Rhotel-Briefe doch, nämlich Folgen für Vlad Ţepeş, zunächst einmal zwölf Jahre Haft in Buda und Visegrad (1462-1475) und dann schließlich, nach einem Intermezzo in Politik und auf dem Schlachtfeld, das bis zur Jahreswende 1476/77 währt, die Erfahrung, den eigenen Kopf als Postsache, sorgfältigst zur Konservierung in Honig gebettet, dem türkischen Sultan zur Bestätigung des eigenen Todes übersandt zu sehen [ebda., S. 141 und S. 156].
Wenn der irische Schriftsteller 1897 seinen Roman über den blutsaugenden Grafen veröffentlichen wird, so ist antiproportional zu dem veränderten Adelstitel das Verhältnis des Titelhelden zur Post ein anderes. Im Gegensatz zu seinem historischen Vorfahr (der er in Wahrheit ja selber ist) vermag der Graf Dracula nämlich, zumindest im ersten Teil des Romans, durchaus geschickt mithilfe der Post zu operieren. Was überdies in diesem Zusammenhang Post mit Operation zu tun hat ..., man wird sehen.
„Treten Sie frei und aus eigenem Entschluss ein!“
[vgl. Bram Stoker, S. 30 und S. 31. Der Graf macht diese Aussage beim ersten Eintreten von Jonathan Harker in sein Schloss. Damit drückt er die Bedingung aus, die immer vor Kontakt mit dem Vampir besteht. Wie Van Helsing noch ausführen wird, muss der Vampir in eine Wohnung hereingebeten werden, bevor er sich frei bewegen kann. Indem Harker „frei und aus eigenem Entschluss“ eintritt, ist er dem Grafen ausgeliefert. Gleiches gilt dem Leser des Romans!]
Der Roman beginnt, und wie es die Authentizität will, von einer recht bekannten Poststation aus, von Bistritz (S. 10). Leider aber nicht mit einem Brief, sondern mit den Tagebuchaufzeichnungen von Jonathan Harker, Anwaltsgehilfe, unterwegs in Sachen Dracula im Auftrag seines Chefs, des Londoner Anwalts Mr. Hawkins. Immerhin aber fasst Harker die Möglichkeit in Betracht, dass sein Tagebuch einmal Brieffunktion übernimmt:
„Sollte dieses Buch jemals vor mir selbst bei meiner Mina eintreffen, so möge es ihr mein Lebewohl sagen.“ (S. 15)
Diese Mina Murray, ihres Zeichens Verlobte von Jonathan Harker und gleichzeitig Hilfslehrerin, spätere Hüterin der gesamten Software des Romans, ist aber anderer Meinung über Tagebücher, wie sie ihrer Freundin Lucy Westenra brieflich versichert. Ihr Tagebuch, das sie zu führen gedenkt, wird
„für andere Leute (...) nicht bestimmt“ (S. 87)
sein. Doch auch Hilfslehrerinnen können irren.
In seinem ersten Tagebucheintrag bemerkt Jonathan Harker gleich, dass die Wohnstätte seines Gastgebers offensichtlich durch die Raster schriftlicher Landschaftserfassung gefallen ist: Keine Karte und kein Buch gibt die genaue Lage des Schlosses an (S. 10).
Der erste Kontakt Harkers mit dem Grafen aber erfolgt dann, wie um die Gewandtheit Draculas im Umgang mit postalischen Standards vom Anfang her direkt zu demonstrieren und um zu zeigen, dass Siebenbürgen sich nicht völlig jenseits aller (Wälder) schriftlichen Codes befindet, über einen Brief. Darin jedoch erfährt man, dass sich das Schloss des Grafen außerhalb des gewöhnlichen Postkurses befindet, jenseits womöglich davon (S. 13). Denn in der brieflichen Anweisung steht geschrieben, dass die Postkutsche, die allmorgendlich um drei Uhr in die Bukowina abgeht und in der diesmal ein Platz für Harker reserviert sein wird, diesen nur bis zum Borgopass fahren wird, wo die Kutsche des Grafen den Briten erwarten und zum Schloss bringen wird. Auch der Gastwirt erhielt einen Brief von Dracula mit der Anweisung, den besten Postkutschenplatz zu reservieren. Einzelheiten werden jedoch verschwiegen.
Jonathan Harker schreibt sein Tagebuch in Kurzschrift und auch der Kutscher von Draculas Gefährt (der Herr und Diener in Personalunion ist) verwendet Kurz-Schrift-Zeichen, wenn Wölfe die Kutsche bedrohen, er vom Bock steigt und dort, wo kleine blaue Flämmchen Lichtsignale geben, Steine zu einem Muster zusammenlegt (S. 26).
Zu diesem frühen Zeitpunkt bereits wird offenbar, dass der Graf sowohl die gewöhnlichen Mittel der Kommunikation beherrscht und zu nutzen weiß als auch Arten der Nachrichtenübermittlung für sich in Anspruch nimmt, die dem gewöhnlichen Menschen seiner Zeit weder geläufig noch brauchbar sind. Wenn Harker die Postkutsche verlässt und sich auf Draculas Gebiet begibt, dann gerät er auch an eine Macht, die andere Möglichkeiten der Datenübermittlung kennt.
Schließlich aber treffen der Graf und der Anwaltsgehilfe (der in Wahrheit auch schon ein Anwalt ist, wie ihn vor seiner Abreise aus London die Nachricht ereilte (S. 29)) aufeinander und Harker überreicht Dracula den versiegelten Brief seines Vorgesetzten, womit der Grundstein zu Harkers Rolle als Daten-Pool verbrieft ist. Obwohl diese Tatsache allein schon durch Harkers Existenz, zumal an diesem Ort, in dieser Gesellschaft, wie vorgezeichnet scheint.
Zunächst aber zeigt sich der Graf nicht dröge und legt Harker Zettelchen aus, auf denen er nichts als seine Abwesenheit bestätigt (so geschehen am 6. Mai). So spendabel wird sich der Graf lange nicht mehr zeigen (genau genommen, überhaupt nicht mehr!). In der Bibliothek des Schlosses treffen beide wieder aufeinander, noch bevor Harker die Regale voll englischer Bücher, Zeitschriften und Zeitungen nutzen könnte (was bleibt, ist die erneute Bestätigung des mühelosen Umgangs Draculas mit (westeuropäischer) Schriftkultur), stattdessen aber wird der Graf bei seinem Gast bzw. dessen Kenntnissen aus dem Vollen schöpfen und für sich herausholen, was möglich ist (eines nach dem andern aber!). zwischendurch allerdings erzählt der Graf auch ein wenig von sich und der Vergangenheit seines Landes (die natürlich seine eigene ist!).
Nach vielen wunderlichen Begebenheiten, die sich zu einem großen Rätsel für Harker zusammenfügen (das vielleicht in die Frage münden könnte: Was kann man noch aus einem jungen Anwalt herausholen außer Informationen?), das zunächst jedoch Rätsel bleiben wird, greift Dracula in die postalische Autonomie Harkers ein, indem er ihm befiehlt, Briefe nach Hause zu schreiben über die Dauer seines Aufenthalts beim Grafen und über sein Befinden (zu ersterem noch einen Monat und zu letzterem „Bestens“, beide Punkte finden Harkers Zustimmung nicht, was er nicht publik macht!), über den Inhalt hinaus beliefert Dracula seinen Gast auch mit der erforderlichen Hardware, es gibt drei Briefbögen und -umschläge
„von feinstem ausländischen Papier“ (S. 55),
wobei die Zahl nichts über die Anzahl aussagt, Harker nämlich schreibt zwei Briefe, förmlich, im Sinne Draculas, an Mr. Hawkins und an Mina, die Verlobte. In Gedanken aber schreibt er vier Briefe, zusätzlich zu den offiziellen, noch einen ausführlichen an Mr. Hawkins und einen stenographierten an Mina Murray. Wie man es also dreht, der Graf liegt falsch mit seinen drei Umschlägen und Bögen!
Zunächst aber werden unverfängliche Briefe geschrieben, von den anderen kein Wort, noch nicht einmal zum Tagebuch. Von den förmlichen Briefen wird man später noch erfahren, zumindest von einem, dann nämlich, wenn Mina Murray am 9. mai ihrer Freundin Lucy Westenra schreibt, dass sie
„ein paar (...) Zeilen von Jonathan aus Transsilvanien erhalten“ (S. 87)
hat.
Bevor der Graf Harker noch ein zweites Mal um irreführendes Briefschreiben bitten wird, diesmal aber mit detaillierteren Angaben als vorher, träumt Harker sich zurück in frühere Zeiten, wo blonde Damen mit roten Ohren Liebesbriefe verfassten (S. 60f.). Leider aber hat der Minnesang längst abgedankt, die Gothic Novel, zum Ärger Harkers, offenbar noch nicht. So muss er sich in einem verfallenen Schloss mit einem langzahnigen, übel riechenden Grafen herumärgern, der ihm befiehlt, Briefe über verschiedene Stadien seines Abreisens an die Lieben daheim zu verfassen, obwohl sich der Radius seiner Fortbewegung nicht über die Außenmauer des Schlosses erstreckt (sondern genau bis zur Außenseite derselben und nicht weiter). Doch wer die Macht hat, hat auch das Monopol der Wahrheit (so es eines gibt), und deshalb wird Draculas Wunsch postalisch verbriefte Wahrheit.
Der Versuch Harkers, mithilfe anderer Nachrichtensysteme als dem einen, offiziellen, das ja über den Grafen läuft, die vorher gegebenen Botschaften zu relativieren, muss fehlschlagen, denn nur Vampire sind befugt, andere als den einen Postkurs für sich in Anspruch zu nehmen und den einen nach Belieben zu türken/“wallachen“. So werden die geheimen Briefe von Harker an Hawkins und an Mina, letzterer in Kurzschrift, von den Zigeunern an Dracula übergeben (S. 69). Der stenographiert wird, weil für Dracula unleserlich, von ihm augenblicklich vernichtet, der andere aber Harker ausgehändigt, damit er ihn neu versiegeln und absenden kann (diesmal natürlich über den richtigen Kanal).
Daran aber hat Harker kein Interesse, weil dieser Brief wichtige Informationen nicht mehr enthält.
Drei Tage später dann sind alle Übertragungsmaterialien verschwunden, Papier und Umschläge, selbst das letzte Papierschnitzelchen aus Harkers Tasche (S. 70f.), alle Möglichkeiten der Nachrichtenübermittlung, die eigentlich schon vorher unmöglich war, oder eine Hoffnung endgültig genommen. Wie Harker feststellen muss, ist auch seine Reisekleidung entwendet, somit also auch die Selbstverschickung behindert, kein Entrinnen, weder im Geist noch in corpore möglich. Doch obwohl es keinen Ausweg mehr gibt und, schlimmer noch, die
„verhängnisvolle (...) Reihe“
der eigenhändig geschriebenen, vordatierten Briefe,
„die alle Spuren (der) Existenz auf dieser Welt auslöschen soll“ (S. 75)
seinen Lauf nimmt, ist der Roman und sein momentaner Protagonist noch lange nicht am Ende (sondern im ersten Fünftel!).
Dead Letter Office
Ein Schnitt und anstatt im Harkerschen Tagebuchnetzwerk befinden wir uns im Getriebe der britischen Staatspost: Mina Murray schreibt ihrer besten Freundin Lucy Westenra (s.o.). Von misstrauisch machenden, informativen Zeilen in Kurzschrift ist nicht die Rede, also wohl auch nicht in dem Brief von Harker, den Mina erwähnt.
Tags darauf erhält sie die Antwort von Lucy, an einem Mittwoch (einziger nicht ordnungsgemäß datierter Brief, einziger genannter Wochentag!), die von Männern berichtet und dem Lesen des einen in Gesichtern anderer (außer dem der Briefschreiberin, die durch Spiegelselbstreflexionen immun ist). Dann am 24. Mai ein weiterer Brief Lucys an Mina, worin sich für einen Brief bedankt wird, der dem Leser nicht vorliegt. Es stellt sich die Frage nach dem Großen Ordner und Arrangeur von Brief- und anderem Schriftmaterial, die Frage nach dem Puppenspieler, der diesmal nicht die Fäden, aber den Reißwolf und die Schere in der Hand zu halten scheint und ganz nach Belieben Informationen verteilt oder wegfallen lässt. Womöglich ist man hier dem vielgerühmten „Geist der Erzählung“ auf der Spur, der jetzt aber nicht die Glocke schlägt, sondern Briefe sichtet.
Der nächste Abschnitt führt ein in eine neue Dimension der Datenübertragung, der phonographischen nämlich. Dr. Seward, Psychiater und Gesichterleser führt ein akustisches Tagebuch, seine Notizen sind Seufzer und Rufe, würde der disziplinierte Naturwissenschaftler nicht sachlich Fakten in die Wachswalze kratzen, sein Phonograph nämlich ist offen für jede Art von Geräusch [vgl. Friedrich A. Kittler, 1986, S. 44, 56 u.a.]. Briefe und Telegramme werden ausgetauscht zwischen den im zweiten Brief von Lucy Westenra durchnummerierten Männern.
Es folgen erneut Tagebuchgeschehnisse, vermerkt von Mina Murray in Whitby an der Nordseeküste. Minas Vorliebe besteht im Sitzen an einem Küstenfriedhof. Dort wird sie mit der Behauptung konfrontiert, dass Grabsteine die Funktion von Personalausweisen haben, die beim Jüngsten Gericht zu erkennungsdienstlichen Zwecken vorzulegen sind (wie bei jedem anderen Gericht auch). Aber nicht allein das, denn Grabsteine können auch falschen Inhalt deklarieren, so dass sich der Absender, der Familienangehörige also, wohl so manches Mal wunderte, wüsste er, was in dem Paket sich befindet (S. 104).
Am gleichen Tag beklagt sich Mina darüber, noch immer keine Nachricht von Jonathan erhalten zu haben und befürchtet deshalb das Schlimmste. Dabei hat die Vergangenheit (S. 54 und S. 67) gezeigt, dass die Gleichung Brief = wohlbehalten und in guter Verfassung nicht richtig ist. Mina Murray ist zu diesem Zeitpunkt aber noch so ahnungslos, vertrauend auf das Briefgeheimnis, das in direkter Linie auf Testamente verweist [vgl. Adolph Friedlaender, S. 758], was zu denken gibt (aber, wie gesagt, Mina Murray ist ahnungslos, auch über derlei Zusammenhänge!).
Wenig später, am 26. Juli, erhält Mina endlich Nachricht von Jonathan, über Mr. Hawkins, der ihr den Brief auf ihre briefliche Anfrage hin zusendet. Es ist der zweite der verhängnisvollen Triade, die Harker von Dracula aufgezwungen worden ist. Von dem ersten Brief der Kette ist keine Spur und keine Rede. Mina Murray aber fällt nicht herein auf die Tricks eines uralten Grafen, das Verbundsystem mit ihrem Verlobten ist scheint’s schon so eingespielt, dass sie Falschmeldungen als solche enttarnt. Also vermerkt sie:
„Dies ist nicht seine Art. Ich verstehe es nicht und es beunruhigt mich.“ (S. 112)
Dabei hatte sie sich von einer Nachricht eigentlich genau das Gegenteil, nämlich Ende der Unruhe erhofft. Tags darauf wieder die gleiche Klage,
„Noch immer keine Nachricht von Jonathan.“ (S. 113)
Und jetzt wünscht sie sich, er würde ihr nur eine einzige Zeile schreiben, sie wäre zufrieden. Obwohl genau das eigentlich nicht seine Art ist, wie sie am Vortag beunruhigt konstatierte. Wie man’s auch anfängt, Jonathan ... Mit anderen Worten: Nun ist Mina ein ungewöhnlicher (gefälschter) Brief lieber als gar keiner.
Tage später noch immer das Problem, ohne Nachricht von Harker zu sein und erneuter Zweifel an dem einen Brief,
„(...) obwohl es Jonathans Handschrift ist.“ (S. 113)
Weil am 6. August noch immer keine Nachricht eingetroffen ist, klebt Mina Murray am 8. einen Zeitungsausschnitt in ihr Tagebuch (denn Nachrichten müssen sein) über ein Schiff namens „Demeter“ mit genau dem Inhalt, jedoch nicht griechischer, sondern rumänischer bzw. siebenbürgischer Erde. Es folgt das traurige Schicksal des Kapitäns mit seiner Mannschaft, aufgezeichnet im Logbuch des Schiffes, übertragen in Mina Murrays Tagebuch, gedruckt im Roman. Am 4. August enden die Aufzeichnungen des Kapitäns und in der Nacht vom 10. zum 11. August beobachtet Mina, wie ihre somnambule Freundin Lucy von Dracula zwischen den Grabsteinen am Hals geküsst wird (S. 139). Die roten Punkte am Hals geben Zeugnis davon. Denn wie vormals dem Kaiser ist auch nur dem Grafen Dracula das Schreiben mit roter Tinte gestattet, und Fachmänner sind im Bilde (Professor Van Helsing auf S. 184). Ob Dracula damit Lucy seinen Stempel aufgedrückt, sie quasi entwertet hat oder ob er damit seine (Brief-)Marke auf die Weiße ihres Halses gedrückt hat, um so die weitere Fortbewegung im System der Untoten (bzw. in seinem Übertragungssystem) zu ermöglichen, bleibt Sache der Interpreten. Fest steht, dass er Lucys Datenübertragungssystem (d.h. Blutkreislauf) angezapft hat. All das weiß Mina Murray nicht (Sekretärinnen haben das zu speichern und zu vervielfältigen, was andere wissen), sie glaubt sogar, dass sie selber die roten Punkte an Lucys Hals verursacht hat (z.B. durch unvorsichtiges Hantieren mit einer Sicherheitsnadel). Doch auch sie wird noch eines Besseren belehrt werden. Was in Lucys Gedächtnis aus jener Nacht verbleibt, sind eben die zwei roten Punkte, allerdings erinnert sie damit die Augen des Vampirs (die überdies auch Mina aufgefallen sind) und nicht ihren eigenen Hals (S. 143). Dennoch, die Verbindung ist hergestellt, der Verursacher ist zugleich Inhaber zweier roter Punkte!
Dann endlich, am 19. August, erhält Mina Nachricht von Jonathan Harker, erneut über Mr. Hawkins. Eine Schwester Agathe aus Budapest schreibt am 12. August über Harkers Schwäche und die Mysterien seiner Krankheit, letztere allerdings im Postskriptum, ohne Wissen Harkers (S. 150f.). Auf die Nachrichtenübermittlung folgt die personelle, Mina fährt nach Budapest, um von dort aus Lucy einen Brief zu schreiben. Darin wird von Harkers Tagebuch erzählt, das Mina unter sein Kopfkissen legt, und dass später beide getraut werden, Harker mit dem Vampir (im Tagebuch) im Rücken (S. 159)! Der Segen des Grafen ist ihnen gewiss! So wird später auch Mina die Bluttaufe von Dracula auferlegt, fast alle kirchlichen Sakramente liegen somit in Händen des Grafen.
Daheim in England währenddessen schreiben sich die verschiedenen männlichen Protagonisten Briefe und Telegramme (31. August: Brief von Arthur Holmwood an Dr. Seward; 1. September: Telegramm von A. Holmwood an Dr. Seward; 2. September: Brief von Dr. Seward an A. Holmwood; 2. September: Brief von Dr. Van Helsing an Dr. Seward; 3. September: Brief von Dr. Seward an A. Holmwood; 4., 5. und 6. September: Telegramm von Dr. Seward an Van Helsing usw.). Festzustellen ist die Verwendungsart der verschiedenen Nachrichtenmedien, je nach Dringlichkeit wird Tagebuch, Brief oder Telegramm verwendet. Auf das Telefon wird nicht zurückgegriffen, im gesamten Roman wird es nur einmal in Anspruch genommen, genau dann, wenn Jonathan Harker die verschiedenen Lagerplätze der Särge Draculas ausfindig machen will. Zur Überprüfung der Angaben im Auftragsbuch der Speditions-Firma telefoniert die Hauptverwaltung mit der Zweigstelle in King’s Cross (S. 330). Offenbar scheint man sich über die Möglichkeiten des Fernsprechers noch nicht im Klaren zu sein, denn dann wäre wahrscheinlich öfter darauf zurückgegriffen worden. Andererseits sind telefonisch geführte Konversationen nach Beendigung des Gesprächs auch am Ende, nämlich weg, was für einen Roman, der auf einer Ansammlung schriftlichen Materials bzw. schriftlicher Dokumente beruht, Schwierigkeiten mit sich bringen könnte. Also, keine Telefonate (das eine zählt fast nicht) im Brief- und Telegrammroman!
Bluttransfusionen werden vorgenommen, um Lucy vor dem Einfluss Draculas zu retten (reihum jeder Männer gibt einmal sein Blut, also Dr. Seward, Professor Van Helsing, Arthur Holmwood, Quincy Morris).
Am 11. September dann wird die Post endgültig aktiv im Kampf gegen den Vampir, Dr. Van Helsing erhält ein Päckchen aus Harlem, NL, gefüllt mit frischen Knoblauchblüten, damit wird Lucys Zimmer und sie selbst gegen den Grafen präpariert (S. 194-196). Weil aber auf nichts weniger als auf die Post Verlass ist, erreicht ein dringendes Telegramm von Dr. Van Helsing den Dr. Seward 24 Stunden zu spät und das Verhängnis hat seinen Lauf genommen (S. 209). Und während Dr. Seward auf dem Weg zu Lucy vermerkt:
„Ich werde eine Walze mitnehmen, damit ich meine Eintragungen auf Lucys Phonographen vervollständigen kann.“ (S. 210),
hat Lucy ihre letzten Notizen
„(...) und ich habe kaum noch genug Kraft zum Schreiben.“ (210)
schon aufgeschrieben. Wenn Seward und Van Helsing vor dem Hause der Westenras zusammentreffen und Van Helsing erfährt, dass sein Telegramm verspätet angekommen ist, steht für ihn, genau wie für den Postboten das Angekommensein der Post mit dem Einwerfen in den Türschlitz klar ist, fest,
„Dann, fürchte ich, sind wir zu spät gekommen. Gottes Wille möge geschehen.“ (S. 215)
Im ganzen Chaos, das das verspätete Eintreffen der Doktoren ermöglicht hat, denkt Seward praktisch, nämlich an den Totenschein für Lucys Mutter, die Opfer der Nacht wurde mit ihrer vorher schon angeschlagenen Gesundheit (S. 221).
Zwischenzeitlich schreibt Mina noch an ihre (mit anderen Dingen beschäftigte) Busenfreundin, was von dieser jedoch nicht registriert wird, die Briefe bleiben ungeöffnet. Darin ist nicht gerade von erfreulichsten Dingen die Rede, einmal, am 17. September, ist das Thema Mr. Hawkins’ Testament. Nebenbei fragt Mina auch nach dem Befinden von Lucys Mutter, die in der gleichen Nacht stirbt, und wünscht Lucy:
„(...) möge es Dir gut gehen!“ (S. 228),
was nicht passiert. Der andere Brief, am 18. September geschrieben, erzählt vom Tode des netten alten Mannes (S. 231).
Am 20. September dann steht auch in Dr. Sewards Tagebuch der Tod, zweifach gleich, Arthurs (der von nun an Lord Godalming heißt) Vater und Lucy, die trotz der vereinten Säfte der sie liebenden Männer nicht davonkommt und den Wechsel vom Fräulein zum Vampir perfekt vollzieht (S. 237).
Damit Mina Harker nicht weiter Briefe an Verstorbene schreiben muss (die dann zwar ungeöffnet bleiben, deren Inhalt aber trotzdem bekannt wird), schickt Van Helsing ihr ein Telegramm, in dem er die Nachricht vom Tode der beiden Damen Westenra übermittelt (S. 253).
Am 25. September berichtet die „Westminster Gazette“ von kleinen Kindern, die einer fremden Frau folgen und später mit der Markierung zweier roter Punkte am Hals zurückkehren. Die Kette lässt sich zurückverfolgen (was Van Helsing auch tut): Von den roten Punkten zu Lucys Hals, von da weiter zu Graf Dracula.
Einen Tag vorher beschließt Mina Harker, Jonathans Reisetagebuch per Schreibmaschine abzuschreiben,
„so dass die Aufzeichnungen auch von anderen gelesen werden können.“ (S. 261)
Und prompt fühlt sich der Leser direkt von Frau Mina Harker angesprochen, endlich klärt sich auch das Rätsel, weshalb das Reisetagebuch in Druckschrift und nicht in Hand-Kurzschrift vorliegt, wie es ja geschrieben wurde. Danke, Mrs. Harker! Auch ihr eigenes Tagebuch wird mit der Schreibmaschine abgeschrieben (S. 264).
Jonathan Harker beginnt erneut mit seinem Tagebuch, das nicht nur seine Frau, sondern er selber eigentlich auch schon abgeschrieben hatte:
„(...) dass ich je wieder in dieses Tagebuch schreiben würde“ (S. 273).
Er muss Van Helsing gestehen:
„Aber sie haben mich wieder geheilt, (...) durch den Brief, den Sie Mina gestern abend schrieben.“ (S. 274)
Briefe können, neben vielem anderen und wenn sie wollen, nicht nur töten (z.B. wenn sie zu spät kommen), sondern auch Wunder vollbringen und Menschen heilen, die bereits am eigenen Verstand zweifeln.
Am 26. September geht Van Helsing mit Seward das erste Mal auf den Friedhof, um Lucy zu betrachten. Er muss die Grabinschriften in der Gruft lesen, um Lucys Sarg zu finden (S. 286). Offenbar ist er gegenüber Grabsteinen bzw. –inschriften nicht so misstrauisch wie jener Alte an der Küste in Whitby (s. S. 104). Der Sarg ist, wie man ahnt, leer. Am nächsten Tag sind die beiden wieder in der Gruft, Lucy ist zurück, sie liegt im Sarg. Vor dem nächsten Besuch des Friedhofs werden die übrigen Herren (bis auf Jonathan Harker und den Grafen) verständigt. Van Helsing fragt in die Runde:
„Sie waren doch zweifellos über meinen Brief erstaunt?“ (S. 297)
Aber erstaunt sind nicht nur die Herren, sondern auch der Leser. Sollte es möglich sein und ist ihm wieder ein Brief unterschlagen worden?
Einmal bekommt er ungeöffnete Briefe zu lesen, ein anderes Mal werden solche, auf die direkt verwiesen wird, einfach vergessen!
Es folgt das dritte Friedhofsintermezzo, diesmal sind die Herren vollzählig (wieder bis auf Jonathan Harker und den einen, den Titelhelden!). Zunächst verklebt Van Helsing alle Ritzen und Spalten der Gruft mit Hostienteig. Wenn Lucy kommt, entfernt Van Helsing ein kleines Stückchen des Teiges, so dass eine schmale Lücke entsteht,
„(...) in die man kaum eine Messerklinge hätte stecken können.“ (S. 309)
Lucy aber drückt sich mühelos durch den Schlitz ins Innere der Gruft. Die Frage drängt sich auf: Ist der Vampir Lucy vielleicht ein Brief, dass sie durch eine so kleine Spalte gleiten kann? Der Schlitz als Briefkastenschlitz zumindest erinnert daran. Zu überlegen wäre dann weiterhin, ob die Gruft als Postkasten fungiert, in den man verschiedene Sendungen einwirft oder ob es sich hier um ein Zuhause handelt, der Schlitz somit Türschlitz, also Heimatadresse ist? Die Vermutung erhärtet sich, dass letzteres das Zutreffende benennt, denn die einzige Sendung, die immer wieder dort ankommt, ist der Vampir Lucy selbst. Frankiert ist sie ja bereits (durch die roten Punkte am Hals), zustellen muss sie sich aber offenbar selbst.
Am Abend darauf wird es vollbracht, die Sendung Vampir im eigenen Paket (Sarg) festgenagelt. Dass ausgerechnet mit einem angespitzten Holzpflock Vampire therapiert werden können, hat die Zunft offenbar dem Urvater der Vampire, Dracula selbst zu verdanken. Weil es in seinem ersten Leben als Vald Draculea zu seinen größten Vergnügen gehörte (und nicht nur die) auf hölzerne Pfähle unterschiedlichster Längen aufzuspießen [vgl. Ralf-Peter Märtin, S. 100ff.] (deshalb der Beiname Ţepeş, der Pfähler), dreht die Medizin (mit angrenzender Parawissenschaft bzw. Aberglaube) den sprichwörtlichen Spieß um und bohrt in jedem Nachkomme Draculas, den sie antreffen kann, zwar nicht wie der Woiwode in die Eingeweide, aber ins Herz, was den Vampir zunächst schäumen macht und dann zu Staub zerfallen lässt, wenn er schon alt genug ist (Lucy offenbar noch nicht, S. 314f.). So treffen einen die eigenen Schandtaten doch schließlich immer selber, wenn auch erst in späteren Leben, womöglich sogar als Vampir (obwohl die Pfählung Dracula erspart bleiben wird, er zerfällt vorher zu Staub, was so manchen veranlasst zu glauben, dass der Graf noch immer sein Unwesen treibt [vgl. Friedrich A. Kittler 1982, S. 130f.]!). Nach der Pfählung erhält Van Helsing ein Telegramm von Mina Harker, die ihr Kommen ankündigt (S. 317). Ihr Mann folgt am Tag darauf, Mina macht sich daran,
„(...) und jedes kleinste Stückchen Beweismaterial, (...) chronologisch (zu) ordnen.“ (S. 327)
und auf ihrer Schreibmaschine abzuschreiben. Harker versucht währenddessen, den Spuren der Särge des Grafen zu folgen und wird so das einzige Telefonat des Romans provozieren (s.o.). Dabei macht er die Erfahrung einer neuen Art von Kommunikation, nämlich in direktem Zusammenhang mit Geldmünzen, er gibt den verschiedenen Lagerarbeitern Geld und sie ihm dafür im Tausch Informationen (z.B. S. 379, S. 381). Mina hat inzwischen von allen Unterlagen drei Durchschläge gemacht und so sorgfältig gearbeitet, dass Dr. Seward in sein Tagebuch schreibt/spricht:
„Alle Aufzeichnungen sind also bis zu dieser Stunde vollständig und geordnet.“ (S. 342)
Das stimmt leider so nicht, wie der aufmerksame Leser feststellen muss, Briefe und Tagebuchaufzeichnungen fehlen und werden nicht mehr auftauchen.
Am 30. September sitzen alle beisammen (bis auf das Andere, Abwesende, hier repräsentiert durch den Grafen) und Professor Van Helsing erzählt von Vampiren und der Übertragung des Wissens darüber:
„(...) so sind doch die Berichte und Schriften der Vergangenheit für alle vernünftigen Menschen Beweiskraft genug.“ (S. 343)
Und erneut:
„Das einzige, worauf wir uns stützen können, sind Überlieferung und Aberglaube.“ (S. 346)
Ergo, der Nachrichtenaustausch mit der Vergangenheit funktioniert (endlich einmal, denn für gewöhnlich gibt man auf Aberglaube und Überlieferung, und sei es schriftlich, nicht viel). Man erfährt, dass der Vampir nur auf Antrag bzw. Anfrage hin ein Haus betreten darf, ist er einmal geladen, so darf er nach Belieben kommen und gehen (S. 348).
(Nur wenn man der Post seine Adresse gibt, kann diese zu einem gelangen, ist dieses jedoch einmal geschehen, so wird es kein Zurück mehr geben, gnadenlos werden Nachrichten eingeworfen. Hängt man einmal am Netz des Postkurses, ist alles Klagen umsonst.)
Bevor sich die Mannen um Van Helsing in das Gebäude in Carfax begeben, um Kisten zu zählen, stattet er sie mit diversen Waffen zur Abwehr aus. Die wichtigste und gefährlichste aller Waffen befindet sich in einem Briefumschlag, es ist eine Hostie (S. 362), der „Leib Christi“ als Botschaft in einem Umschlag gegen Vampire! Vielleicht wird hier der missionarische Auftrag etwas zu eng gedeutet.
Jetzt, d.h. am 1. Oktober, träumt auch Mina von roten Augen (S. 375). Jonathan sucht die übrigen Särge. Um an die Adresse eines Informanten zu gelangen, muss Jonathan Harker Joseph Smollet einen SAE hinterlassen (also einen selbst adressierten, frankierten Briefumschlag), die Unterschicht verfügt offensichtlich nicht über das nötige Material zur Nachrichtenübermittlung (S. 379). Am 2. Oktober dann kehrt der eigene Brief zurück zu Jonathan Harker, jedoch mit einem schmutzigen Zettel als Inhalt, auf dem die gewünschte Adresse steht.
Nachdem ein Geisteskranker geopfert wird offenbart sich, was jeder bereits ahnte: Dracula hat auch Mina Harker angezapft und wird von den Herren in flagranti erwischt. Der Graf zwingt Mina, während der geliebte Ehemann friedlich im Bett neben ihr schlummert und nichts ahnt von den Hörnern auf seinem Kopf, von seiner Brust Blut zu trinken (S. 407). Der Briefumschlag (mit der Hostie) tritt in Aktion und verjagt den Grafen. Geschehen ist aber dennoch, dass nun „ihrer aller Herzensfrau“ [vgl. Friedrich A. Kittler 1982, S. 126] auch Draculas Herzensfrau, allerdings in einem wörtlicheren Sinne geworden ist.
Bevor Dracula flieht kann er noch alle Manuskripte sowie die Wachszylinder von Dr. Sewards Phonographentagebuch (getreu dem Motto: Macht kaputt, was Euch kaputtmacht!) verbrennen. Gott sei’s gelobt, für die Existenz des Romans hat Dr. Seward vorgesorgt und eine Abschrift von allem (der Roman als Loseblattsammlung) im Safe verschlossen (S. 412).
Die geküsste Mina wird wieder ins Vertrauen gezogen, was ihr vorher, ungeküsst, verwehrt war, und mit dem Protokollieren aller Gespräche beauftragt (S. 419f.).
Durch ein Missgeschick wird Mina erneut „gestempelt“, diesmal von Van Helsing mit seiner Wunderwaffe, der Hostie. Als er sie ihr auf die Stirn legt, brennt sie ein rundes rotes Mal auf die Stirn von Mina Harker (S. 427). Somit, quasi doppelt frankiert, wird Mina zur Warensendung mit Rückfahrkarte ins Reich der Untoten. Für sie besteht also noch Hoffnung (postalisch gesehen).
Die Männer gehen daran, die Kisten des Grafen zu entschärfen bzw. zu sterilisieren. In einem Haus am Piccadilly entdecken sie auch die Schreibutensilien des Grafen (somit ist dieses Haus als Hauptquartier enttarnt, der Graf unter postalischen Standards gestorben – wäre er nicht bereits tot!). Während die Herren auf Dracula warten, erscheint ein Eilbote mit einem Telegramm von Mina. Eilboten benutzen zur Erkennung bestimmte Codes, sie klopfen nämlich immer zweimal, also werden sie eingelassen ohne Sorge (S. 437).
Weil Dracula seine Felle in England respektive London schwimmen sieht, lässt er sich selber in seiner Lieblingskiste (weil letzte Kiste) schwimmen, und gen Heimat.
Dank Minas gutem Draht zu Dracula kann sie sich von Van Helsing anzapfen lassen (per Hypnose) und den Gefährten so die nötigen Informationen geben (S. 447-450). Dank Mina und der Lloyd’s Agentur schließlich, die alle Schiffe der Welt registriert hält, weiß man um den Weg des Grafen. Mithilfe der Geld-Information-Kommunikation, wie sie mit Angehörigen der niederen Stände angewendet wird, erfährt man allerletzte Details (S. 455f.).
Über Mina und ihre Integrität bzw. Verschwiegenheit gegenüber dem Grafen macht man sich wegen der „Bluttaufe des Vampirs“ (S. 462) anfangs noch Sorgen, weiht sie später aber doch wieder in alle Geheimnisse ein (die sie schließlich direkt betreffen).
Man macht sich auf die Reise, um den Grafen in Varna zu erwarten (er muss nämlich auf dem Schiff bleiben angeborener Wasserscheue von Fledermäusen). Lord Godalming gibt vorher in London den Auftrag, ihm täglich ein Telegramm mit Informationen bezüglich des Schiffes (bzw. den Standort) zu übersenden. So warten die Gesellen im Hotel „Odysseus“ (nomen est omen) in Varna und nehmen täglich ein Telegramm mit gleichlautendem Inhalt in Empfang, nämlich dass das Schiff noch nicht gemeldet sei (S. 477-482). Zusätzlich dazu, und das erinnert fast an eine moderne Großfahndung, wird noch ein zweites Hilfsmittel als Radar-Echolot eingesetzt, nämlich Mina Harker in Hypnose, die live vom Aufenthaltsort des Feindes berichten kann (unweigerlich denkt man an CNN).
Das Schiff und damit der Graf gelangen jedoch an einen anderen Hafen, nach Galatz (Dracula hat die Verbindung Mina Harker-Dracula in umgekehrter Richtung in Anspruch genommen und deshalb Auskunft über Minas Aufenthaltsort erhalten (S. 485)). Weil Mina Harker alle Zugpläne auswendig weiß, ist man schnell auf dem Weg dorthin, aber natürlich zu spät. Nach erneuter Informationsbeschaffung beim Fußvolk, was mittlerweile zur Routine verkommt, teilt man sich und macht sich auf den Weg hinter dem Grafen her, der sich einen Fluss entlang fahren lässt. Van Helsing, der mit Mina Harker per Kutsche direkt zum Schloss Dracula fährt, bemerkt Minas Veränderung:
„Auch in ihr kleines Tagebuch hat sie nichts mehr eingetragen, obwohl sie sonst alles getreulich niederschrieb. Ich hege die Befürchtung, dass mit ihr etwas nicht stimmt.“ (S. 518)
Doch nach dem großen Showdown ist Mina Harker geheilt, der rote Punkt auf der Stirn, der ihr vormals von rumänischen Gastwirten Extraportionen Knoblauch im Essen bescherte (S. 516), ist verschwunden.
Am Schluss bleibt Jonathan Harker die Erkenntnis,
„(...) dass sich in all der Masse von Material, aus dem sich dieser Bericht zusammensetzt, kaum ein einziges authentisches Dokument befindet.“ (S. 541)
Was bleibt ist also nichts, außer dem Roman.
... und verbleibe mit Grüßen Ihr Freund Dracula
Dass Graf Dracula mit Briefpost durchaus geschickt umzugehen weiß, daran besteht kein Zweifel. Bereits die dritte Seite des Romans gibt darüber Auskunft. Auch die illegalen Möglichkeiten, die der Briefverkehr mit sich bringt, sind dem Grafen mehr als geläufig. Befände man sich im 17. Jahrhundert, so könnte man den Grafen durchaus in den Stand eines Nachrichtenoffiziers erheben. Deren Aufgabe nämlich war es, Postlinien zu stören und wichtige Briefe abzufangen, und genau so ist in der Umgebung von Dracula kein geregelter Brief-/ Nachrichtenverkehr möglich. Diese Tatsache ist das Charakteristische an der Figur des Grafen, denn distinktives Merkmal von Vampiren ist das
„Aussaugen von Blut bei lebenden Warmblütern“ [vgl. Das Große Duden-Lexikon. Bd. 8, S. 319].
Und Blut, so weiß man,
„(...) heißt diejenige Flüssigkeit des menschlichen und tierischen Körpers, welche den stofflichen Verkehr der einzelnen Körperbestandteile mit der Außenwelt und untereinander vermittelt“ [vgl. Brockhaus Konversations-Lexikon. Bd. 3, S. 157].
Lebensaufgabe eines jeden Vampirs, und ganz besonders des romanesken Urvaters aller Vampire, ist also das Anzapfen fremder Übertragungssysteme. So fällt es Dracula nicht schwer, diese Tatsache, die ihm wörtlich in Fleisch und Blut übergegangen ist, auch auf unser aller Nachrichtenübermittlungssystem, die Post, anzuwenden.
Problematisch wird es für den hämophilen Adel (der trotz entsprechender Blässe nie zur Hämophilie neigen wird, aus Mangel eben an jenem Saft, wo nichts ist, da kann nichts fließen, und wenn der Magen noch so voll ist), der überdies auch mit den Wölfen heulen und kommunizieren kann (S. 41 und S. 81), erst dann, wenn der Nachrichtenverkehr so gebündelt und mit modernen Neuerungen gekoppelt wird, wie im vorliegenden Fall. Einundvierzig Briefe und siebenundzwanzig Telegramme werden aufgebracht, um den Grafen schließlich und endlich zur Strecke zu bringen. Dabei gehört die telegraphische Datenübermittlung offensichtlich nicht zu Draculas Repertoire, denn weder vermag er das Telegramm für sich auch nur einmal zu nutzen, noch scheint er von den Möglichkeiten der Telegraphie eine Ahnung zu haben, ansonsten hätte er vermutlich einen anderen Weg als den Seeweg zur Flucht aus London benutzt. So aber, dank Lloyd’s und den Segnungen der telegraphischen Übertragung sind die Gegner Draculas immer in der Lage, seinen gegenwärtigen Aufenthaltsort bei der Flucht durch die verschiedenen Meere bzw. seinen genauen Landehafen auszumachen. Damit hat er nicht gerechnet, und der Graf lernt langsam (wie Professor Van Helsing mehrfach erläutert, so auf S. 435).
Das Telephon wiederum scheint unseren Helden noch nicht sonderlich geläufig zu sein, denn sonst hätten sie sicherlich auch dieses Hilfsmittel zu nutzen gewusst bei der Mobilmachung gegen den Vampir.
Die genannte große Menge an Briefen und Telegrammen, die einerseits dem Grafen zum Verhängnis wird, sind andererseits (zusammen mit vier Zeitungsausschnitten, drei Zetteln und fünf Tagebüchern) laut Ralf-Peter Märtin [vgl. Ralf-Peter Märtin, S. 168] für den großen Erfolg des Romans verantwortlich.
Die Authentizität der Aufzeichnungen wird allerdings von Jonathan Harker selbst am Ende des Romans infrage gestellt, da
„Außer den letzten Notizen von Mina, Seward und mir sowie Van Helsings Aufzeichnungen (...) alles andere mit Schreibmaschine getippt“ (S. 541)
ist. Der Leser des Romans dagegen hat noch nicht einmal diese letzten handschriftlichen Aufzeichnungen vorliegen, sondern einzig ein von vorn bis hinten gedrucktes Buch. Aufgrund der gesteigerten Lesbarkeit (wie Mina Harker feststellte,
„so dass die Aufzeichnungen auch von anderen gelesen werden können.“ S. 261),
sowie, damit die Aufzeichnungen in das Massenmedium Roman übergehen und so die Datenübermittlung einem größeren Publikum zugänglich gemacht werden kann, ist eine Aufgabe von Authentizität durch Drucktechnik wohl unumgänglich. Dem Leser bleibt einzig die Illusion der Fiktion.
Postskriptum
Will man vorzeitliche Tyrannen mit Lust beim Anzapfen fremder Quellen bekämpfen, womöglich sogar ausschalten, so muss man vereint, mit allen (daten-) technischen Mitteln ausgerüstet, dabei vor allem auf modernste Entwicklungen bauend, zunächst die feindliche Nachrichtenübermittlung ausschalten, gleichzeitig damit den eigenen Datenaustausch immens steigern und schließlich den Gegner offensiv zurücktreiben in seinen Unterschlupf, wo man ihm endgültig den Garaus macht.
Und so haben die gebündelten Briefe und Tagebuchnotizen des Romans endlich den Empfänger gefunden, der ihnen die von der Sekretärin Mina Harker genommene Authentizität wieder zurückgibt. 46 Jahre hat die US Army gebraucht, bis die Taktik verstand, die ihnen mit den kostenlosen Exemplaren des Romans im Zweiten Weltkrieg mitgeteilt wurde [vgl. Friedrich A. Kittler 1982, S. 133]. Was 1890 mit Graf Dracula geklappt hat, funktioniert genau so im Jahre 1991, was nach Waffenstillstand einen der Soldaten auch sagen lässt:
„Wir hätten bis Bagdad durchmarschieren sollen“ [ Westdeutsche Allgemeine Zeitung vom 01.03.1991, S. 5 (Bericht und Hintergrund)]
denn Van Helsing ist doch schließlich ebenfalls bis ins Schloss des Grafen Dracula gegangen!
Jubel nach gewonnener Schlacht gebührt also nicht dem großen Strategen Norman Schwarzkopf, sondern zwangsläufig dem wahren Mastermind des gerade vergangenen Krieges, Professor Abraham Van Helsing.
Entscheidende Differenz außer der zeitlichen bleibt die Substitution des alles verursachenden Saftes. Schriebe Stoker seinen Roman heute, vielleicht würden des Grafen Augen schwarz schimmern.
LITERATUR
- Brockhaus Konversationslexikon. 14. Auflage. Leipzig, Berlin und Wien: Brockhaus 1892
- Das Große Duden-Lexikon. 2. Auflage. Mannheim, Wien und Zürich: Bibliographisches Institut 1969
- Adolph Friedlaender. Die Verletzung des Briefgeheimnisses. In: Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft. 16. Band. Berlin: Guttentag 1896
- Friedrich A. Kittler: Draculas Vermächtnis. In: ZETA 02 Mit Lacan. Hrsg. Dieter Hombach. Berlin: 1982, S. 103-136
- Friedrich A. Kittler: Grammophon-Film-Typewriter. Berlin: Brinkmann&Bose 1986
- Ralf-Peter Märtin: Dracula. Das Leben des Fürsten Vlad Tepes. Frankfurt am Main: Fischer 1991
- Bram Stoker: Dracula. Frankfurt am Main: Insel 1988. Text folgt der Ausgabe in der Übersetzung von Karl Bruno Leder. Genf und Hamburg: Kossodo 1968
- Westdeutsche Allgemeine – Westfälische Allgemeine Zeitung. Hrsg. Erich Brost und Jakob Funke. Nr. 51. Essen: Westfalen 1991
Ambulito - 3. Jun, 16:10