Aspekte von Sprache und Information (1998)

Vortrag

Ich möchte im folgenden über einige Aspekte meiner Auseinandersetzung mit Sprache, Information und Redundanz sprechen. Den Anstoß für diese Auseinandersetzung gab eine Untersuchung über die Sprache der „Tagesschau“. Es wurde berichtet, daß diese Sendung zwar von sehr vielen Menschen gesehen wird, daß aber nur sehr wenige in der Lage sind, anschließend den Inhalt der Beiträge auch nur in Ansätzen wiederzugeben. Der Grund hierfür, so wurde konstatiert, sei die fehlende Redundanz in der verwendeten Sprache. Nun ist der Begriff der Redundanz allgemein geläufig zur Bezeichnung von Überflüssigem, von dem, was nicht der Rede wert ist. Jetzt hieß es plötzlich, mangelnde Redundanz sei Ursache für das Nichtverstehen von Texten. Das irritierte mich. Und ich machte mich auf, der Redundanz und ihrer womöglichen Bedeutung auf den Grund zu gehen.
Der Terminus Sprache benennt im folgenden natürliche menschliche Sprache. Information bezeichnet den Anlaß für jede Kommunikation, es bezeichnet also das Neue, das der Sender einer Botschaft vermitteln will.
Für die Beschäftigung mit Information sind Claude Shannon und Warren Weaver von großer Bedeutung, zwei Nachrichtentechniker, die 1949 ihr Werk „The mathematical theory of communication“ (dt.: Mathematische Grundlagen der Informationstheorie, 1976) vorlegten. Darin beschrieben sie eine Formel zur Berechnung von Information und Redundanz, wobei sie Information als das zu Übertragende betrachteten und Redundanz als Opposition. Entscheidend bei der Berechnung war dabei für sie die statistische Auftretenswahrscheinlichkeit eines Zeichens. Das Grundprinzip der Informationstheorie lautet entsprechend: Je größer die Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines bestimmten Zeichens in einem bestimmten Übertragungsprozeß, desto geringer sein Informationsgehalt.
Ich möchte nicht weiter auf die Formel von Shannon und Weaver zur Informationsbestimmung eingehen, entscheidend ist der Ansatz ihrer Überlegungen, von festen Wahrscheinlichkeitswerten der einzelnen Zeichen in einem bestimmten Kontext auszugehen und diese mit dem Grad des Informationsgehalts in Bezug zu setzen. An anderer Stelle sprechen Shannon und Weaver von Wahlfreiheit als determinierendem Element von Information, d.h. je größer die Wahlfreiheit bei der Entscheidung für ein bestimmtes Zeichen an einer Stelle im Übertragungsprozeß (und damit je unwahrscheinlicher dieses Zeichen), desto größer ist der Informationsgehalt dieses Zeichens.
Außerdem kommt Shannon und Weaver der Verdienst zu, als erste den wichtigen Aspekt der Störungen bei der Betrachtung kommunikativer Prozesse berücksichtigt zu haben. Sie stellten fest, daß Störungen - man spricht auch von „Rauschen“ als der Gesamtheit aller auftretenden Beeinträchtigungen - typisch sind für jede Art von Datenübertragung: „In Wirklichkeit sind sämtliche Kommunikationssignale Störungen unterworfen, die im allgemeinen weder vom Sender noch vom Empfänger beeinflußt werden können“ . Aus diesem Grund darf eine zu übertragende Botschaft nicht nur Information enthalten.
Dazu ein kurzer Blick auf das Modell der Kommunikation (Nr. 1): In der einfachsten Form dieses Modells gab es nur Sender, Empfänger, Übertragungskanal und Nachricht. Heute ist dieses Modell etwas komplexer geworden, es gibt einen Sender/Expedienten und einen Empfänger/Rezipienten, dazu noch einen Übertragungskanal, der Störungen unterliegt und eine Botschaft, die übermittelt werden soll. Hier muß allerdings differenziert werden zwischen der Botschaft1, wie sie im Kopf des Senders vorhanden ist, der Nachricht, wie sie als materialisierte Form von Botschaft1 als Folge von Zeichen übertragen wird und der Botschaft2, wie sie im Kopf des Empfängers dekodiert wird. Im idealen Fall sind Botschaft1 und 2 identisch, was aufgrund der Beeinträchtigungen während des Übertragungsprozesses eher selten der Fall ist (die Abweichungen aufgrund unterschiedlicher Zeichenvorräte und Kodier- bzw- Dekodierweisen bei Sender und Empfänger, die immer impliziert werden müssen, lasse ich zunächst unberücksichtigt). Da Störungen in erster Linie die materielle Ebene der Nachricht betreffen, muß eine Sicherung dort erfolgen: Eine Möglichkeit besteht darin, daß der Zeichenkode störungsresistent wird dadurch, daß nicht alle Kombinationsmöglichkeiten des Zeichenkodes genutzt werden. Ein Beispiel: Ein binärer Zeichenkode mit Kodewörtern (d.h. zulässigen Zeichenkombinationen) aus je drei Zeichen hat die Kodewörter (Nr. 2): 000; 001; 010; 100; 011; 101; 110; 111. Wenn es bei der Übertragung eines dieser Kodewörter zu einer Veränderung durch Störungen kommt, dann entsteht jedesmal wieder ein zulässiges Zeichen. Verwendet man im besagten Kode jedoch nicht alle möglichen Kombinationen als zulässig sondern bspw. nur die Varianten 000; 011; 101 und 110, dann lassen sich Fehler erkennen.
Eine andere Möglichkeit der sogenannten immanenten oder passiven Redundanz zur Fehlersicherung ist die gleichzeitige Übertragung über parallele Kanäle, die Abweichungen erkennen läßt.
Möglichkeiten der aktiven Redundanz sind z.B. die Wiederholung oder das sogenannte Echoverfahren, bei dem die übertragenen Daten sofort zum Sender rückübertragen werden.
Außerdem verfügt jedes strukturierte, mit einem Regelwerk versehene System über Redundanz, da strukturierende Regeln Hinweise auf zu erwartende Zustände geben. Diese Regeln vermitteln dem Systembenutzer, der mit den Regeln und Gesetzmäßigkeiten vertraut sein muß, ein Vorwissen über Auftretenswahrscheinlichkeiten.
Shannon und Weaver gingen bei ihren Überlegungen von einem anderen Verständnis der Information aus. So schreiben sie: „Insbesondere darf Information nicht der Bedeutung gleichgesetzt werden. Tatsächlich können zwei Nachrichten, von denen eine von besonderer Bedeutung ist, während die andere bloßen Unsinn darstellt, in dem von uns gebrauchten Sinn genau die gleiche Menge an Informationen enthalten. [...] Anders ausgedrückt: Information in der Kommunikationstheorie bezieht sich nicht so sehr auf das, was gesagt wird, sondern mehr auf das, was gesagt werden könnte“ . Mit anderen Worten: Ihre Überlegungen und damit ihre Definition der Information handeln allein von den syntaktischen Parametern der kommunikativen Übertragung. Die Bedeutung einer Nachricht (= eines Übertragungsprozesses) spielt für die Fragestellung Shannons und Weavers keine Rolle.
Dennoch wandten sie ihre Formel auf die natürliche menschliche Sprache an und kamen zu dem Ergebnis: „[...] daß etwa die Hälfte der in Sprache oder Schrift ausgewählten Buchstaben oder Wörter von uns frei gewählt worden ist, und die andere Hälfte (obwohl wir uns dessen gewöhnlich nicht bewußt sind) in Wirklichkeit durch die statistische Struktur der Sprache bestimmt ist“ . Für die deutsche Sprache kommt Küpfmüller nach Einbeziehung verschiedener Parameter zu der Erkenntnis: „Die Redundanz der deutschen Schrift ist also [...] 66%. Das bedeutet, daß zwei Drittel aller Buchstaben eines zusammenhängenden Textes überflüssig sind und sich aus dem übrigen Drittel ergeben“ . So prägnant eine Aussage wie diese klingt, so vorsichtig muß man bei ihrer Feststellung sein. Wenn das Ergebnis über die deutsche Sprache der Realität entspräche, dann wäre die redundanzfreie Variante des deutschen Kinderliedes (Nr. 3) „FhDhtiGeseoeg eieh!“ sofort und für jedermann problemlos zu verstehen!
Bedeutet das, es ist nicht möglich, die natürliche Sprache mit der Informationstheorie in Verbindung zu bringen? Wäre ich dieser Ansicht, so wäre mein Vortrag hiermit beendet. Meiner Meinung nach lassen sich aber die Ergebnisse der mathematischen Kommunikationstheorie von Shannon und Weaver durchaus für die Beschäftigung mit Sprache nutzen. Erfolgversprechend ist dies allerdings nur, wenn man den Umgang mit der Informationstheorie in der Art modifiziert, daß es für die Auseinandersetzung mit der Sprache nicht darum geht, gar nicht darum gehen kann, am Ende einen mathematischen Wert zu erhalten, der Aufschluß über ebendiese geben soll.
Man muß die menschliche Kommunikation als ein hochkomplexes, auf mehreren Ebenen fungierendes System von Übertragungskanälen betrachten. Der menschliche Organismus verfügt über entsprechende Komponenten (Sinne und einzelne Organe), um über die verschiedenen Kanäle Daten zu senden und zu empfangen (z.B. Stimmorgan und Ohren). Festgehalten werden muß, daß die Daten Bedeutung tragen. Man kann dies als Grundvoraussetzung jeder menschlichen Kommunikation betrachten, die immer präsent ist und von den Kommunikationsteilnehmern antizipiert wird. So schreibt Norbert Wiener: „The most important piece of information you can have about a message ist that it makes sense“
Mit dieser Tatsache ist jede Untersuchung menschlicher Kommunikation unter rein syntaktischen oder technischen Parametern, wie sie Shannon und Weaver vorgenommen haben, bereits im Ansatz falsch. Dennoch kann vom oben beschriebenen Kommunikationsmodell ausgegangen werden, allerdings mit der Prämisse, daß die übertragene Nachricht sinnhafte Daten überträgt. Dabei spielt es - zumindest für die Betrachtung der menschlichen Sprache und für die Linguistik - nicht unbedingt eine Rolle, exakte Werte für Redundanz- und Informationsgehalt des Sprachkodes oder einzelner Kommunikationsprozesse zu eruieren. Wichtig ist eine Differenzierung der Art, daß man von phonologischer, syntaktischer, semantischer Information oder Redundanz sprechen sollte.
Wenn man nun die verschiedenen Ebenen der Sprache untersucht, dann stellt man fest, daß die Sprache vielfach durch Redundanz gesichert ist. Die stärkste Sicherung und damit den höchsten Grad an Redundanz findet man auf der lautlichen Ebene. Alle beschriebenen Möglichkeiten zur Fehlersicherung werden in der lautlichen Realisation von Sprache verwendet und eingesetzt. Da Sprache auf dieser Ebene am störanfälligsten ist, macht eine solche Sicherung großen Sinn. Die Fehlerresistenz wurde durch elektrotechnische Versuche bewiesen und durch ein interessantes Experiment untermauert: 20 Studierenden wurde der Satz „The state governors met with their respective legislatures convening in the capital city“ vorgespielt. Vorher wurde allerdings eine 120 msec lange Stelle gelöscht und durch ein kurzes Husten derselben Länge ersetzt. Wie sich herausstellte wurde dabei das erste /s/ von „legislatures“ zusammen mit Teilen der angrenzenden Phoneme, die einen Übergang andeuten könnten, gelöscht. Den 20 Teilnehmern des Experiments wurde nach der Hörprobe der geschriebene Satz mit der Aufgabe vorgelegt, die Stelle einzukreisen, an der das Husten zu hören war. Außerdem sollten sie angeben, ob durch das Störgeräusch mehr oder minder vollständig ein Laut überdeckt worden war. Das Ergebnis war verblüffend, da keiner der Versuchsteilnehmer in der Lage war, die Stelle des Störgeräuschs exakt ausfindig zu machen. 19 der Teilnehmer waren sogar der festen Ansicht, daß alle Laute vollständig zu hören waren (ein Teilnehmer bezeichnete ein falsches Phonem als das fehlende).
Der Buchstabe als kleinste sprachliche Einheit der Schriftsprache ist nicht in dem gleichen Maße redundant wie die Laute oder die Phoneme. Hierfür besteht keine Notwendigkeit, da die Schriftsprache nicht so störanfällig ist wie die Lautsprache. Hier tauchen Redundanzen in viel geringerem Maße auf, sie betreffen in erster Linie die Kombination mit anderen Buchstaben und die der jeweiligen Sprache eigenen Auftretenswahrscheinlichkeiten. So ist es bspw. leichter, den verstümmelten Satz (Nr. 4) „D.. spr.chl.ch. .nf.rm.t..n .st n.cht gl..m.ß.g ..f d.n T.xt v.rt..lt“ zu ergänzen als den Satz (Nr. 5): „.ie ...a...i..e I...o..a.io. i.. .i... ..ei...ä.i. au. .e. .e.. .e..ei..“ Da der Energieaufwand bei der Verfassung eines schriftlichen Textes wesentlich größer ist als bei der akustischen Übertragung einer Nachricht und da die Störanfälligkeit eines Schrifttextes geringer ist, ist der Redundanzgehalt der Schrift bedeutend niedriger als bei der Lautsprache, was dem Streben nach ökonomischer Übertragung der Information entgegenkommt.
Auf das Prinzip größtmöglicher Ökonomie bei der Übertragung weist auch die Tatsache hin, daß auf der Ebene der Morpheme und der Lexeme die häufigsten und damit die am wenigsten informativen Wörter im Deutschen einsilbig sind. So ist nach Meiers Sprachstatistik das erste Wort mit mehr als drei Buchstaben „nicht“ auf Platz 8 (nach „die, der, und, in, zu, den, das“), das erste Wort mit mehr als fünf Buchstaben „werden“ auf Platz 39 usw.
Es gibt die nachrichtentechnische Forderung für die Etablierung eines Übertragungskodes mit einer Kodierung, „die den häufigsten Nachrichteneinheiten (die deshalb eine geringe Informationsmenge aufweisen) Signaleinheiten von kurzer Dauer und den Nachrichteneinheiten von geringerer Häufigkeit (mehr Information) Signaleinheiten von langer Dauer entsprechen läßt. Dem gleichen Ziel kann es dienen, wenn man den häufigsten Nachrichteneinheiten Kombinationen einer kleinen Zahl von Signaleinheiten und den weniger häufigen Kombinationen eine größere Zahl von Signaleinheiten zuschreibt“ . Die natürliche Sprache folgt exakt den genannten Vorgaben: die häufig verwendeten Wörter sind kürzer, längere und extrem lange Wörter tauchen in gewöhnlichen Texten eher selten auf, so bilden z.B. „Im Englischen [...] die 50 häufigsten Wörter [...] durchschnittlich 50% des Textes“ .
Auch auf den übrigen sprachlichen Ebenen finden sich bei den verschiedenen sprachlichen Elementen Redundanzen der unterschiedlichen Art. Sie alle dienen dem einen Zweck, Bedeutung zu übertragen und diese Übertragung gegen Fehler bei der Rezeption zu sichern.
Shannon und Weaver haben diese Tatsache nicht in ihre Überlegungen einbezogen und sich nicht mit der semantischen Seite der Kommunikation beschäftigt. Der Grund wird schnell deutlich: Der Semantikgehalt einer beliebigen Nachricht ist keine feststehende, berechenbare Größe von allgemeiner Gültigkeit. Ein und dieselbe Nachricht hat unter verschiedenen Umständen unterschiedliche Bedeutungswerte, ein und dieselbe Nachricht kann bereits im konkreten Übertragungsprozeß verschiedene semantische Wertigkeiten besitzen (von Konnotationen und affektiven Inhalten ganz zu schweigen). Allerdings sind bereits kleinere sprachliche Einheiten als der Satz in ihrer semantischen Dimension beliebig, da schon die Verbindung zwischen Signifikat und Signifikant eine beliebige, arbiträre ist. So findet sich in der Beziehung Zeichen-Bedeutung keinerlei Redundanz, denn Redundanz tritt da auf, wo feste Regeln dem Benutzer Vorinformationen bezüglich der Auftretenswahrscheinlichkeit von Elementen geben. Doch gibt es keine Regel, welche beispielsweise nachvollziehbar oder vorhersehbar das lautliche (bzw. graphische) Gebilde „Wollsackverwitterung“ mit der Bedeutung „Verwitterungserscheinung in groben, ungeschichteten Massengesteinen [...], die von drei senkrecht aufeinanderstehenden Kluftsystemen durchzogen werden“ verbindet und so zu einer erwartbaren Größe machen würde. Das Verhältnis der beiden sprachlichen Ebenen zueinander ist hochinformativ, weil in keiner Weise berechen- und damit vorhersehbar . Das Wissen über diese Verbindungen muß mühevoll erlernt werden (s. das Vokabellernen bei Fremdsprachen), da es hierfür keine Regeln gibt. Dementsprechend ist eine Grundvoraussetzung für jede erfolgreiche Form von Kommunikation die Kenntnis des verwendeten Zeichensystems auf beiden Seiten der Übertragung (d.h. bei Sender und bei Empfänger). Ansonsten ist keine Kommunikation möglich: „Wenn Herr X nicht zu verstehen scheint was Herr Y sagt, so ist es theoretisch nicht möglich, daß diese Situation, solange Herr Y weiterhin nur mit Herrn X redet, in einer endlichen Zeit geklärt werden kann. Wenn Herr Y sagt: ‘Verstehen Sie mich jetzt?’ und Herr X erwidert: ‘Ja, natürlich’, so ist dies nicht unbedingt ein Beweis dafür, daß die Verständigung erreicht wurde. Es kann ja möglich sein, daß Herr X die Frage nicht verstanden hat. Falls dies lächerlich klingt, so stellen Sie sich einmal folgenden Dialog vor: ‘Czy pan mnie rozumie?’ und der Antwort: ‘Hai wakkate imasu’.“ Ergänzt wird dieses Beispiel durch eine nette Anekdote: „Als Pfungst 1911 nachwies, daß die Pferde von Elberfeld, die erstaunliche sprachliche und mathematische Fähigkeiten zeigten, lediglich auf die Kopfbewegungen ihres Dompteurs reagierten, begegnete ihr Eigentümer, Herr Krall, dieser Kritik auf eine sehr direkte Art. Er fragte die Pferde, ob sie solch kleine Bewegungen überhaupt erkennen könnten, worauf sie nachdrücklich mit ‘Nein’ antworteten“ .
Für eine erfolgreiche Kommunikation müssen also drei grundsätzliche Bedingungen erfüllt sein: (1) Die übertragene Zeichenfolge muß vom Empfänger korrekt empfangen werden. Die verschiedenen sprachlichen Ebenen sind durch ihre immanente Struktur sowie durch das Regelwerk ihrer Kombinierbarkeit äußerst störungsresistent, so daß diese Bedingungen in der Regel erfüllt ist. Gelingt der korrekte Empfang nicht vollständig, so kann dies als Fehler erkannt und häufig korrigiert werden. (2) Der gedankliche Gehalt muß rekonstruiert werden. Ist dies nicht möglich wie z.B. beim Hören fremder Wörter oder einer fremden Sprache, so wird die Nachricht oder Teile davon nicht verstanden, das Unverständnis ist dem Empfänger bewußt und es besteht die Möglichkeit zur Wiederholung bzw. Modifikation der Nachricht von seiten des Sprechers. (3) Der rekonstruierte Gehalt muß mit dem vom Sender intendierten weitgehend übereinstimmen. Diese Bedingung ist die problematischste, wenn sie nämlich nicht erfüllt wird, dann kann das Mißlingen auf der Seite des Rezipienten oft nicht als solches erkannt werden und es kommt zum ‘Mißverstehen’ mit womöglichen Konsequenzen.
Für die sprachliche Ebene der Semantik läßt sich sagen, daß der Kontext sowie die Perspektive für die jeweilige kommunikative Äußerung den Grad an semantischer Redundanz determiniert, der ihr innewohnt. Das bedeutet auch, daß eine Aussage durchaus unterschiedliche Grade an Redundanz aufweist, was vom jeweiligen Blickwinkel abhängt. Die Frage, wie sich Sprache gegen semantische Mißverständnisse sichert, läßt sich so beantworten: Durch ein hohes Maß an Wahlfreiheit auf seiten des Senders bei der Verwendung sprachlicher Mittel für die Bedeutungsübertragung kann dieser individuell und spontan der jeweiligen Situation angemessen entscheiden, welche ihm zur Verfügung stehenden kommunikativen Mittel und damit welches Verhältnis von Redundanz und Information ein optimales und möglichst senderintendiertes Verständnis auf seiten des Empfängers gewährleisten. Es wird deutlich, „daß [...] das Maß an (lexikalischer und/oder stilistischer) Redundanz weitgehend vom Sprecher gesteuert werden kann. Ähnliches gilt für das Ausmaß an grammatischer oder sprachsystematischer Redundanz auf der textuellen Ebene. Auf den übrigen sprachlichen Ebenen wird die Enkodierungsfreiheit des Sprechers hinsichtlich der Redundanz immer geringer. Während er auf syntaktischer und semantisch-lexikalischer Ebene noch bis zu einem gewissen Grad willkürliche Entscheidungen treffen kann, ist er auf morphologischer und phonologischer Ebene an Strukturregeln gebunden, die ihm keine Einflußnahme auf die Redundanz in diesen beiden Ebenen gestatten.“
Verschiedene Aspekte der Sprache wurden bereits unter informationstheoretischen Parametern untersucht. So gibt es verschiedene Untersuchungen, wie man Texte durch Eliminierung redundanter Elemente lesbarer machen kann. Auch die Bedeutung der Redundanz für den Erstspracherwerb wurde bereits wissenschaftlich betrachtet.
Abschließend läßt sich feststellen, daß eine Beschäftigung mit den informationstheoretischen Merkmalen für das Verständnis von Sprache und ihrer Struktur äußerst fruchtbar ist (auch wenn vieles hier und heute nicht einmal angerissen werden konnte). Sinnvoll ist es jedoch, nicht auf mathematische Formeln zum Zweck der Bestimmung exakter Werte zurückzugreifen, da sich diese Vorgehensweise als eher abträglich bei der Betrachtung sprachlicher Erscheinungen gezeigt hat. Es scheint ergiebiger, bei der Beschäftigung mit Sprache im sprachlichen Diskurs zu verbleiben. Damit gelangt man zu einem erweiterten, vielleicht besseren Verständnis der Gegebenheiten des Sprachsystems.
Redundanz ist bedeutend besser und wichtiger als ihr Ruf. Bei genauer Betrachtung stellt sich heraus, daß sie in der Regel sogar wichtiger ist als Information, um erfolgreiche Kommunikation zu vollziehen. So schreibt Moles: „Redundanz erscheint danach als eine wichtigere Größe innerhalb der menschlichen Kommunikation als selbst die Information“ . Und eine Nachricht, die ausschließlich aus Redundanz besteht, kann immer noch dekodierbare Bedeutung enthalten, was bei einer rein aus Information bestehenden Nachricht nicht möglich ist.
Wie Colby feststellt, ist es nicht allein die Sprache, die um ein ausgewogenes Verhältnis von Information und Redundanz bemüht ist, was nicht zuletzt die Bedeutung der angestellten Betrachtungen unterstreicht: „Man kann also sagen, daß Leben im allgemeinen ein Gleichgewicht sucht mit ungefähr 50% Redundanz - ein Gleichgewicht zwischen dem Neuen (unerwarteten) und dem Alten (vorhersagbaren), zwischen Chaos und Organisation“ („One may say then that life in general [...] seeks an equilibrium of about 50 per cent redundancy - an equilibrium between the new (unexpected) and the old (predictable), between disorganization and organization“) .





BEISPIELE FÜR DEN VORTRAG „SPRACHE UND INFORMATION“


Beispiel 1:

Beispiel 2:

000; 001; 010; 011; 101; 111



Beispiel 3:

FhDhtiGeseoeg eieh!



Beispiel 4:

D.. spr.achl.ch. .nf.rm.t..n .st n.cht gl..m.ß.g ..f d.n T.xt v.rt..lt



Beispiel 5:

.ie ...a...i..e I...o..a.io. i.. .i... ..ei...ä.i. au. .e. .e.. .e..ei..

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